die es den Granden von Frankreich und Spanien zur Pflicht machte,
wenn sie vor das Auge ihres Herrschers traten, in blitzenden Steinen
das ganze Vermögen, den Wert ihrer Güter und Forsten auf ihrer
und ihrer Frauen Kostüm zu tragen.
Aber auch hier trat eine Reaktion ein: die letzten Jahre des
Sonnenkönigs verlaufen in Bufse und Trauer. Die Regentschaftszeit
lässt die beiseite gelegten Diamanten wieder auftauchen; aber der
Geschmack hat sich verfeinert, man beginnt wieder neben dem Wert
des Stückes die Schönheit der Arbeit, die Vollendung der Ziselierung
zu beachten. Das kokette Zurückgreifen zu einfachen Lebens-
bedingungen, welches sich in den Bergerien der Zeit Louis' XV. aus-
spricht, hat auch für das Geschmeide eine Rückkehr zum einfachen
Golde zur folge, welches, höchstens durch Emailmalerei gehoben,
oder in schwacher Färbung abgetönt, seinen Hauptwert in eleganter
Knappheit der Form und unübertrefflicher Ausführung sucht. That-
sächlich ist die Zeit des Rokoko-Schmuckes diejenige einer technischen
Durchführung, wie sie weder vor- noch nachher je erreicht worden ist.
Während diese Vorzüge der Ausführung noch bis zum Ende des
I8. Jahrhunderts bleiben, ist der mächtige Zug nach der römischen
Antike, der sich an die Ausgrabungen von Pompeji knüpft, auch für
unsere Kunst nicht ohne Einfluss; wir haben ein Geschmeide der
Revolution und des ersten Kaiserreiches, das in seinen Formen genau
so hart und trocken ist wie die Architektur und das Mobiliar dieser
Epoche. Was alsdann folgt, liegt in seinem planlosen Schwanken,
seinen energielosen Versuchen der Wiedererweckung vergangener
Formen uns so nahe, dass es noch nicht in den Rahmen einer ge-
schichtlichen Betrachtung gehört. Wollen wir mit einem kurzen Schlag-
wort den Charakter der jetzt herrschenden Richtung im Geschmeide
angeben, so können wir sagen: wie die griechisch-römische Antike die
Zeit des kunstvoll verarbeiteten Goldes, die Renaissance die Zeit des
farbigen Geschmeides in Email und bunten Steinen war, so bevorzugt
unsere Zeit fast ausschliefslich den Brillanten, der keine anderen Effekte
neben sich duldet und selbst die Fassung nach Möglichkeit zurück-
drängt, ja zur völligen Unsichtbarkeit verurteilt.