Abschnitt.
Goldschmiedekuxmst.
Werke
Die
zeitweilig zurück, bis der Luxus des späteren Mittelalters in dem
prunkliebenden burgundischen Hofe einen neuen Anstofs für die Aus-
bildung des Schmuckwerks brachte.
Der Einiiufs des Orients, der im 4. und 5. Jahrhundert seinen
Weg über Byzanz genommen und durch die Herrschaft der Araber
in Spanien und Sizilien im 8. und 9. Jahrhundert neue Kraft ge-
wonnen hatte, wuchs erheblich in der Zeit der Kreuzzüge. Nicht
allein die Eindrücke, welche die Ritter und Fürsten des Abendlandes
in den hochkultivierten Ländern Syriens und Palästinas empfangen
hatten, sondern vor allem die Proben von Geschmeiden in Gold und
edlen Steinen, welche sie als Beutestücke von dort zurückbrachten,
übten einen nachhaltigen Einfluss auf den Geschmack des Abend-
landes aus, Es begann nicht nur eine regelmäfsige Einfuhr dieser
Schätze, sondern auch ein Heranziehen der geschickten Handwerker
aus den vorderasiatischen Städten, und für beides übernahmen Venedig
und Genua die Vermittelung.
In dieser Zeit beginnt auch das Geschmeide eine weitere Be-
deutung anzunehmen, als diejenige eines Schmuckes der Person und
einer Augenweide: sein materieller Wert tritt mehr in den Vorder-
grund. Es beginnt die Zeit der Familien- und Hausschätze. Die
Unsicherheit der Lebenslage macht es dem Einzelnen wünschenswert,
seinen Besitz als "fahrende Habe" mit sich führen zu können. Ein
unglücklicher Krieg, königliche Ungnade konnten einen Herzog oder
Baron sein Land und seine Schlösser kosten die bewegliche Habe
an Edelsteinen, Goldschmuck und Silbergerät, die er leicht mit sich
führen konnte, war nicht den Launen seines Herren ausgesetzt. So
zeigen uns die aus jener Zeit reichlich erhaltenen fürstlichen Inventare
trotz des kriegerischen Charakters des Mittelalters oder vielleicht sogar
wegen desselben ein erstaunliches Anwachsen der Kleinodien und
Schätze aller dieser grofsen und kleinen Herren, weltlicher sowohl wie
geistlicher. Damit geht eine entsprechende Steigerung der Leistungs-
fähigkeit der Edelmetallarbeiter Hand in Hand. Vielleicht hängt es
mit dieser veränderten Bedeutung des Schmuckwerkes zusammen, dass
uns aus dieser Zeit nur noch Wenig Gräberfunde, wie überhaupt sehr
spärliche Originale erhalten sind: Das Geschmeide hatte eben den
Charakter des Geldes angenommen, ging aus einer Hand in die
andere, oder musste, wemi es in festem Besitze blieb, sich dem
Wechsel der Mode anbequemen und häufige Umfassungen durch-
machen.
So werden wir die Quellen für die Kenntnis des Schmuckes dieser
Epoche anderwärts zu suchen haben: zuerst auf den Grabsteinen, die
uns die schönsten Kostümgestalten mit besonders sorgfältiger Dar-
stellung des Schrnuckes erhalten haben. Nicht minder dient uns eine
gewisse Lieblingsströmung in den Miniaturen und Bücheromamenten
jener Zeit, die mit Vorliebe gefasste Edelsteine und anderes Schmuck-