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Abschnitt.
YVerke
Die
Goldschmiedekunst.
besonders eine bestimmte Gattung von Schalen oder Taufbecken, der
Frührenaissance angehörig, die ein ganz unverkennbares, verwandt-
schaftliches Gepräge tragen, durch wortreiche Inschriften in portugie-
sischer Sprache auf dieses Land hinweisen, und durchweg in sehr
schwerem Metall und auffallend starkem Relief getrieben sind. Eine
besonders charakteristische Schale dieser Art (früher in der Roth-
schildsammlung in Frankfurt a. M., abgebildet Luthmer, I, I 5) die
in der Wiener Schatzkammer ihr Gegenstück hat, sei hier beschrieben:
die Schüssel ist in zwei Zonen (die Wiener in drei) eingeteilt, Welche
mit sehr gedrängten Figurenkompositionen gefüllt sind. Die einzelnen
Darstellungen sind durch Frührenaissance-Pilaster (Wien: Kandelaber-
säulchen) getrennt; Gegenstand der Darstellung auf der äufseren Zone
die Geschichte der Judith, der zweiten vier Kardinaltugenden (Wien:
Geschichte "der König im Bade"); der Charakter der Kompositionen
erinnert sehr an Van Eyksche Schule. Die Mitte der Wiener
Schüssel wird von dem WVappen des portugiesischen Geschlechtes
Oriola eingenommen. Von Künstlernamen begegnen uns in Portugal
im I6. Jahrhundert Iuan Donante, Gomez de Heros, Cetina,
Vasco Gonsalvez.
Wenn im allgemeinen die englischen Sammlungen reich an
guten Goldschmiedewerken der Renaissance sind, so darf uns dies
dennoch keinen Rückschluss auf die Leistungen der einheimischen
Goldschmiede dieser Periode gestatten. Allerdings war der Bedarf
an Edelmetallarbeit unter dem prunkliebenden Heinrich VIII. ein
ganz gewaltiger. Wir haben jedoch schon oben gesehen, welchen
bedeutenden Einfluss Hans Holbein auf diese Arbeiten hatte. Aufser
ihm begegnen wir auch noch dem Pietro Torrigiano, einem Bildhauer
aus Florenz, der, von Heinrich nach London gezogen, ebenso wie
Holbein mit Entwürfen und Modellen für Goldarbeit beschäftigt wurde.
Auch von einem italienischen Goldschmied Giovanni Battista und
einem Schweizer Cornelius, die für den König thätig waren, er-
fahren wir.
Wenn der Bedarf des Hofes und der reichen Bürgerschaft an
Goldschrniedewerken auch fortgesetzt ein grofser blieb, so wurde durch
Einführung der Reformation unter Heinrich VIII., noch mehr unter
seinen Nachfolgern Eduard VI. 1547-15 5 3 und Elisabeth I 5 58-1603,
doch die Thätigkeit der Goldschmiede für die Kirche beinahe ganz
abgeschnitten. Es ist verschwindend wenig, was an englischem Kirchen-
gerät die Zerstörung durch die Puritaner überdauert hat. Aber auch
von profanem Gerät ging in den Bürgerkriegen unglaublich viel ver-
loren, namentlich als Karl I. zur Bestreitung der Kriegskosten eine
allgemeine Einziehung des Silbergeschirrs veranstaltete. welches in die
Münze wanderte. Das Wenige, was aus dieser Zeit erhalten ist, muss
man daher bei den verschiedenen Gilden in London, bei den
Collegs von Oxford und Cambridge suchen; ein ausgezeichnetes Stück,