260
Abschnitt.
Die Werke
Goldschmiedekunst.
Goldschmiede auch nicht ohne Mühe von den gotischen und selbst
von den staatlich strenge verpönten mauresken Erinnerungen losmachen
konnten, so begegnen wir doch in juan de Arphe einem Meister,
den seine Landsleute dem Cellini an die Seite setzen. Er entstammte
einer Goldschmiedfamilie, die schon seit dem späteren Mittelalter be-
kannte Namen aufzuweisen hatte, war 1535 zu Leon geboren und
starb Anfang "des 17. Jahrhunderts zu Madrid als Münzmeister
Philipps II. Sein Hauptwerk ist die I580 angefertigte kolossale
,.Custodia" der Kathedrale von Sevilla. Unter Custodia verstehen die
Spanier Tabernakel oder Sakramentshäuser zum Ausstellen von Re-
liquien. Die in Rede stehende, Welche mit einigen späteren Ände-
rungen noch vorhanden ist, wird beschrieben als ein runder Säulen-
aufbau von vier Stockwerken, der mit vielen Figuren besetzt ist.
juans Hauptbeschäftigung scheint für die Kirche gewesen zu sein;
auch litterarisch war er thätig mit verschiedenen Abhandlungen über
die Verhältnisse der Skulptur- und Architekturwerke, über Eigenschaften
und Verarbeitung der Edelmetalle und Steine etc. Als Vorläufer Iuans,
meist auch als Verfertiger berühmter Kustodien, lernen wir aus Darvillier
kennen: seinen Vater Antonio und seinen Grofsvater Enrique de
Arphe; Alonso Becerril, der für seine Vaterstadt Cuenca von 1528
bis 1573 eins der genannten Werke arbeitete; Iuan de Ponas aus
Burgos; Juan Ruizil Vandolins, sämtlich vorwiegend mit kirchlichen
Arbeiten beschäftigt: ljuan Balagner aus Barcelona. Die Schnabel-
kanne dieses Meisters, welche D. aus den Meisterzeichnungen mitteilt,
legt neben den zahlreichen andern Lösungen dieser Aufgabe den Ge-
danken nahe, dass für die spanischen Goldschmiede diese Prunkkanne
dieselbe Rolle gespielt hat, wie der "Ageleybecher" für die Deutschen.
Wenn in Spanien auch von den Goldschmiedewerken der Re-
naissance viel verschleppt und zerstört, das Haussilber der fürstlichen
Familien zum gröfsten Teil der späteren Mode entsprechend um-
gearbeitet ist, so enthalten die Kirchen und Klöster Spaniens doch
noch manches hervorragende Prunkstück. So besitzt namentlich die
Kathedrale von Granada noch die berühmten Geschenke von König
Ferdinand und seiner Gemahlin Isabella, eine prachtvolle Schmuck-
kassette mit reichen Beschlägen, Krone, Szepter und Schwert; von
Kustodien, Kelchen, Kreuzen etc. erfahren wir an verschiedenen Orten.
Auch in auswärtige Sammlungen ist manches beachtenswerte Stück
namentlich infolge der Napoleonischen Kriege gelangt: so besitzt das
Kensington-Museum ein Vortragskreuz, mehrere sehr charakteristische
Kelche, eine prachtvolle Pax und eine Reihe sehr interessanter
Schmucksachen spanischer Arbeit.
Aus der späteren Zeit liefert uns die spanische Silberschmiede-
kunst nicht viel Eigentümliches. Die Verbreitung der Kunstfertigkeit
bis in die kleinsten Städte und das Vorhandensein vieler kleiner
Meister-Zentren, welches dem spanischen Silberwerk der Renaissance