172
Abschnitt.
Werke
Die
Goldschmiedekunst.
der
eingeholt und ebenfalls an den Resten des Altertums, vor allem an
den Dekorationen der römischen Kaiserzeit, die in den Titusthermen
zu Tage kamen, gelernt. Sie versucht sich mit Glück in den Säulen-
ordnungen und Rundbogenarchitekturen Antica", die Wir als die
Renaissance-Architektur bezeichnen. Die Malerei hat eine Fülle
neuer Motive aus den Malereien der Ausgrabungen, der "Grotte"
geschöpft und unter "Grotesken" verstehen wir die jetzt zuerst
auftauchenden freien Omamentbildungen, jene Rankenschläge mit dem
Blatt der Akanthusstaude, untermischt mit fabelhaften Menschen- und
Tierbildungen, wie sie namentlich Raffael in der Dekoration der
vatikanischen Logen zur höchsten Vollendung gebracht hat. Die
Goldschmiedekunst, die ihre enge Beziehung zu den übrigen Künsten
das ganze I6. jahrhundert hindurch lebendig erhielt, nahm an dieser
Umwandlung des Geschmacks aufs lebhafteste anteil. Der strenge
Anschluss an die Architektur, den wir in der Gefäfsbildnerei der
Gotik gefunden hatten, zeigt sich ein wenig gelockert: aber immer
noch behalten Reliquiare, Kusstafeln, Altaraufsätze mit Vorliebe die
Form kleiner Giebelarchitekturen bei, jetzt freilich in der anmutigen
Rundbogen-Lösung der Frührenaissance.
Die Technik, deren hohe Ausbildung wir als ein Hauptverdienst
der gotischen Periode wiederholt bezeichnet haben, hält sich nicht
allein auf der Höhe; sie erfährt in dem Email und dem Niello noch
eine Verbreitung und Vertiefung. Dazu kommt ein neues, was sich
als Erbschaft des Orientes unmittelbar an die Einnahme von Byzanz
durch die Türken 1402 anschliefst; die Ausbildung des Edel-
steinschnitts in Italien im IÖ. Jahrhundert. Diese Kunst, welche
bis dahin in uralter Tradition von griechischen Künstlem im Orient
geübt worden war, wurde von diesen, als sie vor den mosleminischen
Eroberern nach Italien flüchteten, hierhin übertragen und bald von
zahlreichen italienischen Künstlern geübt. Halbedelsteine und sonstige
kostbare und interessante Materialien erregten wieder die Aufmerk-
samkeit und wurden zu Werken der Kleinskulptur, namentlich aber
zu Prunkgefäfsen jeder Art verarbeitet. So sehen wir bei Vasari die"
ersten Künstler mit dem Steinschnitt beschäftigt: Valerio Vicentino
muss zahlreiche Kristallvasen für Clemens VII. arbeiten, seine Schüler
Iacopo da- Trezzo, Gasparo und Girolamo Masseroni sind in
gleicher Weise beschäftigt. Auch das Steinmosaik, die sogen.Pietradura-
Arbeit kommt in dieser Zeit in Schwung fast alle gröfseren Samm-
lungen, vor allem aber das Kabinett der Gemmen und die sogen. Schatz-
kammer in der Galerie der Uffizien enthalten Meisterstücke solcher Arbeit.
Hand in Hand mit diesen Arbeiten aus geschnittenen Halb-
edelsteinen geht die Fassung desselben in Gold und Email. Von den
Bijouterien dieser Art, die in der mafsvollen Unterordnung der Fassung
gegenüber dem plastischen Kunstwerk für alle Zeiten mustergiltig sind,
haben wir bereits oben gesprochen. Aber auch die Gefäfse und Ge-