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Abschnitt.
der Goldschmiedekunst.
Werke
Die
Als bedeutendste Silberarbeit galt jedoch die Bekleidung des Atlars
in der Kathedrale von Gerona mit getriebenen Silberplatten. Der
Meister derselben war Pedro Bernec. Den gröfsten Namen unter
den spanischen Silberschmieden hat der noch in die gothische Periode
zurückreichende Enrique de Arfe, ein Künstler deutscher Abstammung,
der in seinen Söhnen und Enkeln der Renaissancezeit" hochgeachtete
Meister unserer Kunst hinterlassen sollte. Leider sind auch von den
spanischen Arbeiten dieser Zeit nur noch verschwindende Reste in
Kirchen und Klöstern erhalten: am meisten haben die Napoleonischen
Kriege im Anfang und die bürgerlichen Unruhen im Laufe dieses
Iahrhunderts aufgeräumt.
Anders als in den übrigen Ländem haben wir in Italien die
Entwickelung der Goldschmiedekunst in der gothischcn Periode an-
zusehen. Allerdings schliefsen sich die Kunstgenossen auch hier im
vierzehnten jahrhundert zu Innungen zusammen, die z. B. in Siena
1361 bestätigt werden, während diejenige von Florenz, schon 133,8
begründet, ihren Mitgliedern den noch heute behaupteten Platz auf
dem Ponte vecchio anweist. Allein mehr als in irgend einem andern
Land sehen wir in Italien die Verbindung zwischen der Bearbeitung
des Edelmetalls und der hohen Kunst lebendig erhalten, die uns in
der Zeit der Renaissance die bereits oben erwähnte beachtenswerte
Erscheinung vermittelt, dass die gröfsten Bildhauer, Maler und
Architekten aus der Werkstatt des Goldschmiedes hervorgehen. So
sind es in der Periode der Gothik die beiden grofsen Meister der
Bildhauerkunst von Pisa, Andrea und Giovanni Pisano, deren Werke
von unmittelbarem Einfluss auf die toskanischen Silberschmiede
werden konnten. Merkwürdigerweise sind auch die Reste italienischer
Silberschmiedearbeit aus jener Periode, die uns heute noch vorliegen,
weit mehr der Kleinplastik als dem eigentlichen Kunsthandwerk zu-
zuschreiben; so vor allem das Hauptwerk dieser Periode, der silberne
Altar in Pistoja, an welchem verschiedene Künstler fast ein Jahrhundert
von 1316-1409 gearbeitet haben, und der silberne Altaraufsatz im
Baptisterium zu Florenz. So nimmt denn auch die Geschichte der
Goldschmiedektinst in der italienischen Gothik bereits denjenigen
Charakter an, den sie anderwärts erst in der neueren Periode erhält:
aus einer Geschichte der einzelnen Werke wird sie zu einer Geschichte
der Künstler, deren Persönlichkeit uns von Vasari in seinen be-
kannten Künstler-Biographien mit vielen Details gezeichnet wird.
Aus diesem Grunde erscheint es auch gerechtfertigt, eine kurze Über-
sicht dieser Künstler, die, soweit sie Figuristen sind, schon der F rüh-
' renaissance angehören, wenn sie in ihrem Ornament auch noch
gothische Formen beibehalten, erst im folgenden Abschnitt zu geben.
Dafür sei jetzt der Entwickelungsgang, den die Formen der wichtigsten
Kirchengeräte in der Periode der mittelalterlichen Kunst durchmachen,
kurz darzulegen versucht.