Gefäße,
Geräte
Altertum
frühes
Mittelalter.
131
Starken barbarischen Einduss. Als bedeutendste Stücke führt Ilg eine
Schale mit freigearbeiteter sitzender Frauengestalt im Mittelpunkt an,
die einen Becher hält, und um welche ein Kreis von sechzehn antiken
Göttergestalten angebracht ist; ferner eine schlanke Schenkkanne mit
einem Vogelbild als Henkel, eine polygone, ganz durchbrochene
Schüssel mit Pantern als Henkel und anderes, bei dem der barbarische
Einfluss überwiegt.
Noch weniger Ausbeute als für Geschmeide und verzierte Waffen
giebt uns die Zeit zwischen dem Niedergang der Römerherrschaft
und der Aufrichtung der abendländischen Reiche in dem uns jetzt be-
schäftigenden Gebiete, der Gruppe der Geräte und Bildwerke aus
Edelmetall. Eine Reihe von Funden, welche in Ungarn, Südrussland
und in den südslawischen Ländern gemacht worden sind, haben eine
Anzahl Gelehrter zu der Annahme eines besondern Völkerwanderungs-
stiles geführt; diese namentlich von Lasteyrie, de Linas, Stephani und
Hampel vertretene Hypothese erkennt als ein besonderes Merkmal
dieses Stils die Einlage von roten Edelsteinen (Almandin) oder deren
Nachahmung durch Glasfluss in Goldzellen, eine Art Ersatz für Zellen-
Schmelz, dessen wir schon bei dem Geschmeide dieser Zeit Erwähnung
zu thun Gelegenheit hatten. Nach dieser Auffassung sollte es nicht
Byzanz gewesen sein, welches vorn 2. ]ahrhuudert an den Norden
mit einem Export von Goldschmiedearbeit versorgt hätte: vielmehr
Wären dies die alten griechischen Kolonien in dem Goldlande am
Nordufer des Schwarzen Meeres gewesen, welche bereits in der Sage
der Griechen eine entsprechende Rolle gespielt hatten. Allerdings
Würde man an dieser Stelle eine engere Verbindung mit denjenigen
Völkern linden, die in den folgenden Iahrhunderten in Bewegung
geratend die vorher charakterisierte Goldschmiedekunst nach Westen
mitnahmen. Die Fundstatten scheinen thatsachlich die Etappen dieses
Weges aus Südrussland nach Westen zu bezeichnen.
Wenn die erwähnte Hypothese auch die augenscheinlich: Ver-
wandtschaft der in den verschiedensten Gegenden gemachten Fund-
Stücke durch eine den Stämmen der Völkerwanderung eigene Kunst
wohl zu erklären im stande ist, so bleibt daneben doch die Menge
des Edelmetalls unbezweifelt, welche aus den kultivierten Stätten der
Südländer in die Hände der nordischen Barbaren gerät: sei es als
Beutegold, sei es in Form von Geschenken oder auch durch Ver-
mlthlung vornehmer italischer Frauen mit Barbarenfürsten. So knüpft
sich an die Vermählung der Galla Placidia mit dem Westgothenkönig
Athanarich (425) die Kunde von reichen Gold- und Silberschatzen,
Welche der Iohanniskirche in Ravenna gestiftet wurden. Das Luxus-
bedürfnis, welches bei den Longobarden, den Ost- und Westgothen
die Berührung mit römischer Kultur und eine verhältnismäßig lange
Sesshaftigkeit in den eroberten Ländern herbeiführte, wurde SCiIOH
oben erwähnt, Der Kirchenschatz der St. johanniskirche in Monza