128
Abschn
Werke
Die
"(ler Goldschmiedekunst.
auffällt. Er ist auf seiner ganzen Aufsenfläche mit einem zarten
Rankenwerk, dem Ornament antiker Wandmalereien und Stuckdeko-
rationen ähnlich, in getriebener Arbeit verziert, das wenigstens auf einer
Seite noch gut erhalten ist. Es nimmt seinen Ausgang von zwei
Greifen, die mit abgewandten Köpfen einander gegenüber sitzen; im
Rankenwerk tummeln sich kleine Kindergestalten in hohem Relief be-
handelt, diemit verschiedenem Seegetier, Krebsen, Fischen etc., zu
schaffen haben. In diesen Tieren zeigt sich eine treue Naturbeobach-
tung, ebenso wie in den dünnen Ranken und den Blumen, von denen
keine der andern gleich ist, sich eine reiche Phantasie ausspricht.
Die Minervaschale ist die gröfste von vier hochrandigen
Schalen, deren Boden mit so hoch getriebenen Relieffiguren bedeckt
ist, dass man kaum an Gebrauchsgerät denken kann, sondern diese
Stücke als Zierschalen auffassen muss. Eine der schönsten Gewand-
tiguren der uns bekannten antiken Kunst, sitzt die Minerva mit der
linken Hand auf den Rundschild gestützt, mit der rechten eine Pflug-
schar oder ein Steuerruder haltend auf einem Felsstück, den Kopf in
freier, überaus graziöser Bewegung nach links gewendet. Der auf-
gebogene Rand der Schale ist im Äufsern mit Schilfblättern, im Innern
mit einem mit griechischer Feinheit in schwächstem Relief getriebenen
Palmettenfries geschmückt. Zwei Hache, unten mit einem Ring versehene
Henkel stehen horizontal vom oberen Ende ab. Besondere Er-
wähnung verdient der Helm der Minerva, der mit drei Rossschweifen
auf drei einzeln stehenden Kämmen geziert ist. Die Reliefbilder der
drei anderen Schalen stehen nicht auf gleicher Höhe mit der Minerva
oder verraten wenigstens eine andere, ungleich derbere Hand. Zwei
davon sind augenscheinlich Pendants; die eine enthält den nach links
blickenden männlichen Mondgott, eine Gottheit, die nur in Phrygien
verehrt wurde. Hinter seinem langgelockten, mit der phrygischen
Mütze bedeckten Haupt zeigt sich die Mondsichel. In der zweiten
Schale ist der nach rechts blickende Kopf der Kybele mit der
Mauerkrone charakterisiert; hinter ihrer linken Schulter erscheint das
bei ihrem Dienst verwendete Tamburin, das Tympanon. Die vierte
Schale endlich enthält den Oberkörper des jugendlichen Herkules, der
mit lächelndem Gesichtsausdruck in jeder Hand eine der ihm von
Hera gesandten Schlangen erwürgt eine Darstellung von etwas
derber Ausführung, aber von naiv-humoristischer Auffassung. Ein
hübscher Ornamentfries, mit verschiedenem Getier belebt, umzieht die
Lippe der Schale im Innern.
Unter den kleinen Gefäfsen zeichnen sich namentlich einige Becher
oder Tassen durch ihre klassische Profilierung aus; einer derselben,
dessen geschweifte Henkel aus Epheuranken gebildet sind, ist mit
bärtigen Masken und Weinlaub geziert (Fig. 56); ein zweiter, dessen
Henkel horizontal weit abstehen und dessen nach unten scharf verengte
Kuppa auf einem sehr zierlichen Fufse steht, trägt Zweige des