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Abschnitt.
Die
Werke
Goldschmiedekunst.
silbernen Gefäfse sind einem merkwürdigen Wankelinut des mensch-
lichen Geschlechtes unterworfen." Auch war die Fabrikation und der
Handel mit diesem silbernen Gerät ähnlich organisiert wie in unserer
Zeit; es gab negotiatores argentarii vascularii (Niederlagen der Silber-
schmiede), für welche die Modelleure (üguratores), Giefser (Hatuarii
oder fusores), Dreher lllld Polierer (tritores), Ciseleure (caelatores), die
Anfertiger der besonders aufzulötenden Ornamente (crustarii) und
V ergolder (deauratores) arbeiteten.
Neben diesen Gebrauchsgegenständen spielte auch das Prunk-
gerät aus Gold und Silber eine bedeutende Rolle nicht allein die
N ippestische des vornehmen römischen Hauses erforderten eine Menge
solchen Zierrates; auch zu Geschenken der Kaiser an ihre Günstlinge
namentlich unter den Leibwachen, sowie für fremde Gesandte kamen
dieselben vielfach in Anwendung. Verschiedene Gründe sprechen
dafür, dass dieses Prunkgerät durchaus auf griechischen Vorbildern
fufste, ja in den meisten Fällen von griechischen, in Rom ansässigen
Künstlern gearbeitet wurde. So begegnen wir früh der griechischen
Sitte, die Trinkbecher mit geschnittenen Steinen zu besetzen oder ganz
aus solchen anzufertigen. Plinius (hist. nat. 33,2) sagt: "wir trinken
aus einer Menge edler Gesteine; wir überdecken die Becher mit
Smaragden, und es erfreut uns, einem Rausch zu liebe ganz Indien
in der Hand zu haben; das Gold ist nur noch Nebensache." Vor
allem aber begegnen wir im kaiserlichen Rom einer schier ungemessenen
Antiquitäten-Liebhaberei, die alles, was die neueste Zeit darin leistet,
weit hinter sich lässt. Die Preise, welche für datierte alte Stücke
griechischer Meister bezahlt werden, erscheinen uns, die wir doch
auch darin abgehärtet sind, unglaublich: so zahlt der Redner Lucius
Crassus (nach Plinius dem Älteren) für zwei kleine Becher des Mentor
100 000 Sesterzien (ca. 18 ooo M), für andere 6000 Sest. pro Pfund;
der oben ervsu-ihnte Krater des Pytheas wird mit 10000 Denaren
(6600 die Unze bezahlt. Selbstverständlich blühte die Fälschung
wie die offene Nachahmung; besonders die letztere, die oftmalige
Wiederholung eines berühmt gewordenen antiken Stückes scheint bei
diesen Arbeiten der Römer die Neuerfindung gänzlich verdrängt zu
haben. S0 stehen die „Therakleischen Becher" in besonderer Schätzung;
als einer der geschicktesten Fälscher wird uns von Plinius ein gewisser
Zenodorus genannt. Beiläufig sei daran erinnert, dass wir diesen
Zug einer Abhängigkeit von älterer griechischer Kunst auch in andern
Zweigen des römischen Kunstgewerbes, z. B. in der Dekorations-
malerei, wiederfinden; dass die Mehrzahl der pompejanischen Wand-
gemälde handwerksmäfsige Wiederholungen berühmter Tafelbilder zu
sein scheinen; es wäre eine interessante Aufgabe für die Kunst-
forschung, dieser Eigentümlichkeit eine nähere Beachtung zu widmen.
Auffallend gering ist gegenüber der überaus grofsen Menge von
Silber-und Goldgeriit, die wir als einst über das ganze grofse Römer-