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Abschnitt.
Die
Werke der
Goldschmiedekunst.
siegreichen Kämpfen sehr bald die Zeit folgt, welche die höchste
Blüte griechischer Kunst erstehen sieht; und sicher haben wir auch
in dieser Zeit den Einfluss der asiatischen Bekleidung eines Holzkerns
mit Edelmetall in den allerorts entstehenden "chryselefantinen" Götter-
bildern zu erkennen. Mit diesen Ausführungen, bei welchen über
einem skulpierten Holzkern die Fleischteile mit Elfenbeinplatten, alles
andere mit Gold belegtwar, dem durch Email und eingesetzte Edel-
steine besonderer Schmuck hinzugefügt wurde, tritt die Goldschmiede-
kunst in das Gebiet der Bildnerei ein. Es muss dabei unentschieden
bleiben, 0b die grofsen Bildhauer, ein Phidias und Polyklet, an deren
Namen sich die Nachrichten von den chryselefantinen Werken in
Athen, in Olympia, Elis und anderwärts knüpfen, nur die Modelle zu
diesen teilweise kolossalen Statuen schufen und die Ausführung in
Holz, Elfenbein und Gold besondern Spezialtechnikern überliefsen,
oder 0b wir sie uns selbst mit dem Ziseliereisen und am Emailier-
ofen zu denken haben. Von der Pracht und der Menge dieser
Statuen weifs noch Pausanias in seinem Reisewerk im 2.]ahrhundert
n. Chr. zu erzählen, der sowohl von der Pallasstatue im Parthenon
der athenischen Akropolis, wie von dem ]upiter zu Olympia eine
eingehende Beschreibung giebt. Das vierte Iahrhundert unserer Zeit-
rechnung scheint jedoch keins dieser kostbaren Werke überdauert
zu haben.
Wenn also von den Gefäfs- und Bildnerarbeiten der griechischen
Edelschmiede aufser einer herrlichen, bei Jekatherinoslaw gefundenen
Vase mit Darstellungen vom Einfangen und Zähmen wilder Pferde
(Eremitage-Mus) uns keine Reste erhalten sind, so macht uns Plinius
und andere Schriftsteller doch mit einer Reihe von Namen solcher
bekannt, die noch zur römischen Kaiserzeit etwa ebenso gefeiert
wurden, wie heute bei uns ein Cellini und ]amnitzer. Mentor, wahr-
scheinlich unter den unmittelbaren Nachfolgern des Phidias, wird von
Martial erwähnt: vier Paar grofse Silbervasen aus seiner Werkstatt
gingen beim Brand des Tempels zu Ephesus 3 56 unter; er und sein
Bnider werden als „toreutores und caelatores" bezeichnet. Akragas
war Zeitgenosse von Skopas und Praxiteles, Mys mit Mentor gleich-
zeitig, Stratonikos aus Athen lebte im 3. ]ahrhundert. Aus Cyzikos
war Tauriskos; Antipater wird von Plinius als der Verfertiger eines
berühmten Gefäfses mit einem schlafenden Satyr erwähnt. Die beiden
Mytilenaeer Eunichus und Hekataeus sind Zeitgenossen des Pompejus.
Aus gleicher Zeit stammt Zopyrus, der Verfertiger zweier berühmter
Becher mit der Geschichte des Orestes. Pytheas, der eine Generation
später lebte, war berühmt wegen eines Mischkessels, auf welchem
Odysseus und Diomedes dargestellt waren, wie sie das Pallasbild
entführen. Die Becher desselben Künstlers, auf welchen Szenen aus
dem häuslichen Leben ziseliert waren, schildert Plinius als so überaus
delikat gearbeitet, dass sich zu seiner Zeit kein Silberarbeiter fand,