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Der Ring findet dagegen in dem prachtliebenden 16. jahrhundert
eine Anwendung, welche diejenige aus dem Mittelalter noch übertrifft,
und die in unserem Sinne nur als eine Überladung der Hände mit
Ringen bezeichnet werden kann. Auf allen Fingern, den Daumen
nicht ausgeschlossen, zeigen uns die Porträts jener Zeit den Ring
angebracht. Jedes Fingerglied bis dicht unter den Nagel wird damit
besteckt; man trägt sie über dem Handschuh und unter demselben;
im letzteren Falle wird an den betreffenden Stellen das Leder ge-
schlitzt. In der Form behält namentlich der Siegelring die aus dem
Mittelalter überkommene Anordnung, dass der den Stein einschliefsende
Kasten mit dem Ring aus einem Stück gearbeitet ist und die nötige
Erweiterung und Verdickung durch Abkantungen und angefeilte Fasen
vermittelt wird. Die hierdurch entstehenden glatten Flächen finden
sich dann durch Email, besonders durch das gegen Ende des Jahr-
hunderts autkcmmende ornamentale Champleve in Schwarz oder W eifs
verziert, für welches die Franzosen Hurtu (1614), Toutin (1619) und
der Deutsche Symoni (1621) Vorlagen veröffentlicht haben. (Fig. 30.)
Für den mit einem Stein besetzten Ring hat die Renaissance
dann eine eigene Form geschaffen, deren bezeichnendstes Beispiel
wir um die Mitte des I5. Jahrhunderts in dem Wappen der Medici,
den verschlungenen drei Ringen, finden, und das uns noch 1619 in
den Stichen von Woeiriot begegnet. Diese Form beruht auf der
oktaödrischen natürlichen Gestalt des Diamants und charakterisiert sich
durch einen sehr hohen Kasten, der die untere Hälfte dieses Oktaöders
aufnehmen muss; die vier Seitcnflächen werden dann in sehr mannig-
facher Weise meist mit Zuhilfenahme von Email verziert. Diese
Sitte der hohen Kasten scheint sich um so rascher eingeführt zu
haben, als schon der mittelalterliche Ring (s. oben) die Vorliebe für
einen hoch auftragenden Stein gezeigt hat. Neben dem Kasten sind
es die denselben fassenden Ringenden, die eine besondere künst-
lerische Ausbildung erfahren: die antike Tradition der hinten über-
greifenden Figürchen, der Sirenen, geflügelter Wesen, Vögel, aufgesetzter
Masken und dergleichen klingt hierbei vielfach an. Sittengeschichtlich
interessant sind auch die Doppelringe, die als Verlobungsringe dienten:
zwei Ringe, so genau aneinander gearbeitet, dass sie nebst ihren
Steinen wie eint Ring erscheinen, die sich aber trennen lassen und
dann einer im andern hängen. Ganz von der Form des Renaissance-
Ringes abweichend und vielleicht nach uralter orientalischer Tradition
mit Filigran verziert sind die jüdischen Trauringe, die nur bei der Zeri-
monie einmal benutzt und dann in der Familie aufbewahrt werden: es
sind sehr grofse und schwere, oft röhrenartige Reifen mit Knöpfen von
Filigran besetzt; an stelle des Steines findet sich oft ein kleines Haus
in zierlicher Filigranausführung; eine in hebräischen Buchstaben an-
gebrachte Inschrift enthält die Devise "guter Stern". Hierbei mag
auch auf die sehr verbreiteten Eheringe der oberdeutschen Bauern