Abschnitt.
Die Werke
Goldschmiedekm
das Bedürfnis, die figürlichen Vorgänge auf den Anhängern in einen
architektonischen Rahmen einzuschliefsen. Dass das ganze Bijou einen
solchen bildet, wie bei einer Kamee des Louvre, (s. Fig. 36, 5) dürfte zu
den gröfsten Seltenheiten gehören. Aber auch dass eine "Caritas", eine
"Verkündigung" in eine architektonische Nische versetzt wird, ist ein
Ausnahmefall; das architektonische Gerüst beschränkt sich nicht selten
auf einen horizontalen Balken, welcher durch eine Reihe verschieden-
farbiger Tafelsteine gebildet wird, und zwei ebenso gebildete Obelisken,
die rechts und links den Abschluss bilden. Nur bei den kleinsten
Beispielen von Anhängern finden wir die Komposition Hach in einer
Ebene liegend; meist besitzt sie ein nicht unbedeutendes Relief.
Technisch gesprochen besteht ein derartiges Stück aus zwei, drei, auch
vier Lagen ornamental durchbrochenen starken Goldblechs, so kom-
poniert, dass durch die Öffnungen des oberen die korrespondierenden
Partieen der unteren Lage hindurchgesehen werden. Diese manchmal
konvex gebogenen Schilder sind mit Nieten, die oft 1 cm lang sind,
aufeinander befestigt; die meist in sehr hohen Kasten sitzenden Steine
und die emaillierten Freifigürchen der obersten Lage vergröfsern noch
die Höhe der ganzen Komposition, die bei den gröfsten Beispielen
bis zu 4 cm steigt. Im allgemeinen sind übrigens diese Geschmeide
eher von kleinerem Mafsstabe; das gröfste uns bekannte Stück be-
findet sich in dem Rothschild-Museum zu Frankfurt und misst
I 31h cm Länge auf 8 cm Breite. Beachtenswert ist, dass bei den
Anhängern des I6. Jahrhunderts (ausnahmsweise auch bei solchen
des I7.) die Rückseite künstlerisch durchgeführt zu sein piiegt. Die
Rückiiäche der untersten Lage ist geglättet, mit hübschem Ornament
graviert und dies mit Email oft in reicher transluzider Farbenwirkung
ausgefüllt. (Fig. 36, 4.)
Auch an den Schauseiten, besonders an den figürlichen Dar-
Stellungen dieser Anhänger zeigt sich die Emaillierkunst auf ihrer
Höhe. Wenn die Schmelzfarben auch alle Teile in wunderbarer
Farbenhannonie überziehen, so wissen die Künstler dieser Zeit mit
aufserordentlichem Takt kleine Partien in Gold, manchmal das Haar
der Figuren, die Mähne von Pferden, einen Gewandsaum, eine Waffe
stehen zu lassen, die als blitzende Pünktchen zur Harmonie des
Ganzen beitragen. Auch die verschiedene Anwendung der durch-
scheinenden und der opaken Emaille, sowie der halbopaken weifsen
auf Rotgold für die Fleischteile (neben welcher auch häuüg letztere
ganz weifs vorkommen), findet man mit erstaunlicher Sicherheit ab-
gewogen. Besonders beliebt ist der Besatz der äufsersten Ranken
mit winzigen, weifs emaillierten Perlchen.
Als Gegenstände der figürlichen Darstellung überwiegen, wie be-
reits oben gesagt wurde, die Szenen der antiken Mythologie: das
Urteil des Paris ist sehr beliebt, Hercules als Hydratöter, die jagd
des Meleager (neben häufig vorkommenden sonstigen jagdszenen) und