Vvie äfs Lehrgedicht innerhalb der Poesie, so umfasst;
die Genre- oder Sittenmalerei das Leben in seinen ge-
sammten Beziehungen und Verhältnissen. Ist sie es doch, diei
uns bei unserer Arbeit aufsucht, uns in unserem Thun und
Treiben gewissenhaft verfolgt, mit den Fröhlichen jubelt und
scherzt, mit den Traurigen weint und klagt, je nachdem sie
uns diese oder jene Seite des so mannigfach bewegten Lebens
vor die Augen führen will.
Damit stehen wir allerdings auf ganz realem Boden und
wir selbst in Rücksicht auf die Genremalerei auf einem
Standpunkte, wie er sich eben aus der Aufgabe einer derar-
tigen Kunstrichtung ganz von selbst ergiebt.
Die Aufgabe, welche die Genremalerei verfolgt,
besteht einzig und allein in der naturgetreuen Darstellung
sittenbildlicher Momente und Motive unter dem Einflusse der
im Menschen wirkenden ästhetischen Idee. Denn bei allem Ge-
dankenaufschwung sind und bleiben wir Menschen, d. h. an die
Scholle gebunden, von dieser und ihren Bedingungen absolut
mehr oder weniger abhängig. Dieses erzeugt aber Wiederum
in uns den Trieb, mit ihr auch durch die Kunst verbunden zu
bleiben, auch aus ihr zu lernen, an ihr sich zu erheitern und
durch sie das Leben mit seinen darstellbaren, d. h. der Kunst
würdigen Begebenheiten vcrgegenwartigt zu sehen. Aber es
hiesse die Kunst denn doch Wohl auf den Kopf stellen, wenn
wir annehmen wollten (C. Lemke, populäre Aesthetik), der
Genremaler stehe überhaupt auf "der höchsten Stufe der Kunst",