den genesen ist, die ihr ein unerbittliches Schicksal geschlagen.
Auf dem Gesichte der jungen Hausfrau , oder vielmehr der
gnädigen Frau Gräfin, liegt ein gewisses Erstaunen, ich möchte
sagen, eine seltsame Betrolfenheit über die ideale Schönheit
des vor ihr stehenden jungen Mädchens, während der Haus-
herr im Halbdunkel lehnt und sie gleichfalls mit Blicken be-
trachtet, die in ihrem sympathischen Charakter, wenn wir uns
nun einmal auf Vermuthungen legen wollen, das gerade Gegen-
theil von denjenigen seiner, vielleicht für die Ruhe des Hauses
plötzlich fürchtenden Frau Gemahlin zu sein scheinen.
Aehnliche Motive giebt es noch viele; selbst unsere kriegs-
bewegte Zeit hat eine Menge der ergreifendsten Scenen dar-
zubieten, sowohl in den oberen, wie unteren Schichten der
Gesellschaft.
"Greift nur hinein ins volle Menschenleben ,
Und wo ihr's packt, da ist es interessant."
Freilich ist das Wie-nicht w o es gepackt werden soll,
für die_ Kunst die oberste Forderung. Ob wir dem Leben nun
mit den Ohren der Dienerschaft, des Soldaten oder Bauern
lauschen, muss sich völlig gleich bleiben, wenn das Genre,
dessen charakteristische Seite vorzugsweise das Interes-
sante ist, nicht einseitig. werden und eben dadurch seine
grosse, sittliche Aufgabe ungelöst lassen will. Von diesem
Gesichtspunkte aus betrachtet, sind auch Salentin's „ Sie-
gesnachrichten", ein Sittenbild der neuesten Gegenwart, in
ihrer ächt patriotischen Haltung für die Kunst von sitten-
bildlicher Bedeutsamkeit.
Den Reiz des Reinschönen, d. i. Einfachs chönen,
nimmt diejenige Seite des Genre in Anspruch, die uns das
Werden des Menschen, das Kinderleben mit seiner
köstlichen Naivetät, wie sich dieses in den Arbeiten des Alt-
meisters Ludwig Richter und des nicht minder darin be-
deutsamen O s car Plet s c h manifestirt, veranschaulicht. Hier-
bei kommt ganz besonders das Still- und Thierleben,