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zeichnenden Eigenschaften vorführen. Oder der Künstler führt
uns an den träumenden See, den leis rauschenden, von dichten
Weiden beschatteten Bach, in den dämmerlichen Fiehtenwald,
an das einsame, von romantischem Hauch umduftete Forsthaus
und zeigt uns harmlose, ihre ganze Aufmerksamkeit auf das
schwimmende Korkholz gerichtete Fischer, lauernde, die Dun-
kelheit mit scharfem Blick durchdringende, auf dem Anstand
stehende Jäger, mit dem klugen Hunde sieh besehäftigende
Förster, auf der Weide melkende Mägde, korbflechtende und
Besen bindende Bauern, bei den Schafen und Kühen sitzende,
das Wetter mit klugem Gesiehte beobachtende oder Strümpfe
strickende Schäfer, Kuh- und andere Hirten, Gänsemädchen,
deren schnatterndes Geflügel den hochreifen Weizen des be-
nachbarten Bauern zu kosten sich eben anschicken u. dgl. m.
Hierher gehören auch die harmlosen Kinderscenen in den vier
iWänden oder im Freien, wie sie Lu dw. Richter und Os ear
Plet sch in so ganz besonders ansprechender und poesievoller
Weise gegeben haben; ferner die Motive nachdenkender Arbeit,
als Studiren, Schreiben, Malen, Rechnen, Lesen, weiter das
vornehme Nichtsthun, das sich vorzugsweise durch ein die
Technik herausforderndes Sichkleiden manifestirt und wobei
oft, wie das die Niederländer leider zu viel gethan, das Indi-
viduum zum lebendigen Kleiderhalter degradirt und alle Sorg-
falt der Technik aufgewandt worden ist, das rein Stoffliehe
in der täuschendsten Weise wiederzugeben; oder endlich der
Superlativ des Nichtsthuns, der Schlaf selbst mit seiner indi-
viduellen Seite, insofern er sich nach Alter, Temperament
und Stand äusserlich geltend zu machen sucht. s
Diese Kleinseite der Genremalerei ist allerdings reichlich
ausgebeutet worden, aber man kann nicht sagen, dass sie sich
eben darum nun überflüssig gemacht habe und keine Siege
nach dieser Richtunghin mehr möglich mache, Im Gegentheil,
das massenhaft Oberflächliche, das wir leider nicht hinweg-
leugnen können, fordert erst recht auf, Besseres zu bringen