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renz" darthut, an ldeenreichthum der Historienmalerei
nicht.so sehr nachsteht und auch sonst nicht blos von der
Oberfläche des bewegten Lebens schöpft, wie man ihm von un-
verständiger Seite vorzuwerfen für gut findet.
Allein wenn man sich dem Streite um den künstlerischen
Rang näher stellt, so wird man sehen, dass es meist die un-
terste Sphäre des Sittenbildes ist, welche _die in ge-
wissen Kreisen souveran gewordene Geringschätzung hervor-
gerufen hat, weil eben die oberste Sphäre wegen ihres
wirklich packenden Ideeninhalts fälschlicherweise der Hi-
storienmalcrei beigezählt und ihr somit gerade das von
den Gegnern aus Ignoranz streitig gemacht wird, was allein
ihre Berechtigung und Bedeutsamkeit constatiren kann.
Wir wollen daher zunächst das Gebiet des Genre- oder
Sittenbil des festzustellen versuchen.
"Im Sittenbilde" sagt Vischer ( ä 707 S. G61, Aesthe-
tik], "ergreift die auf das allgemein Menschliche gerichtete
Art der Phantasie das weite Gebiet des menschlichen Lebens,
sofern die gattungsmässigen Kräfte dasselbe nicht zu den
grossen Entscheidungen zusammenfassen, Welche sich
mit Namen und Zahl in die Geschichte einzeichnen. So
bedeutend der Inhalt und so stark die innere Bewegung sein
mag, erscheint daher der Mensch doch als Naturwesen im en-
geren und weiteren Sinne des Worts, gehalten am Bande des
Allgemeinen in der Bedeutung des Bedürfnisses (insofern wir
nämlich auch durch die Kunst mit dem Leben verbunden zu
bleiben wünschen) der Arbeit, des natürlichen und geselligen
Zustands, der Culturformen, kurz der Gewohnheit, der Sitte
überhaupt. Die Belauschung des Einzelnen, Augenblicklichen,
Kleinen, fliesst eben aus diesem Begriffe des Allgemeinen.
Der bestimmende Standpunkt ist der episch e. "
So weit also der Kreis unserer Beobachtung reicht
und das Bedürfniss vorhanden ist, den erschauten Zustand,
das Erfahrungsmässige des Allgemeinen, gleichviel 0b es aus