1ftes Kap
Die Hi]
dnerei seit Canova.
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Sodann hat Sehwanthaler eine Anzahl von grossen, zum Theil ko-
lossalen Erzdenkmälern geschaffen. Unter diesen steht das 54 Fuss hohe
Idealbild der Bavaria vor der Ruluneshalle als ein im Ganzen acht monu-
mental gedaehtes und zu entsprechender Wirkung durchgebildetes Werk
da. Wenn eine volle Individualisirung dabei nicht gelang, so lag das
hauptsächlich an der eigenthümlichen Aufgabe, die etwas durchaus Ab-
straktes hat. Unter den übrigen Werken_sind ihm die Gestalten aus dem
Mittelalter am besten gelungen. So die zwölf prachtvollen vergoldeten
Erziiguren bairiseher Herrscher im Thronsaal des Königsbaues zu Hün-
chen, offenbar eine Nachbildung des Innsbrueker Maximilian-Denkmals.
Ritterlich bewegt und stattlich hingestellt, zeigen sie, welchen Blick und
Griff für acht monumentale Haltung Sehwanthaler besass. Verwandter
Art sind die Standbilder Tilly's und Wrede's in der Feldherrnhalle. In
solchen Werken, wie in der Walhallagruppe, dem Kreuzzugfriese klingt
uns der romantische Geist der Zeit entgegen, wie er, zuerst durch die
Befreinngskriege gefördert, naehmals im Leben, in der Literatur und
Kunst so vielfach hervorbraeh. Wo es dagegen galt, Träger modernen
Geisteslebens plastisch auszuprägen, da fehlt bei oft anerkennenswerther
monumentaler Gesammtanlage ein tieferes Versenken in den besonderen
Geist der Aufgabe und jene feinere Durchführung, die in jeder Linie den
Grundeharakter des Ganzen naehtönen lasst. Am besten gelang dies noch
bei der Statue Kreittmayrrs für München; dagegen sind Werke wie das
Göthebild in Frankfurt und das Mozartdenkmal zu Salzburg geradezu
als verfehlt zu bezeichnen.
Die Schule Seliwanthalefs hat gerade diesen Mangel an Empfindung
für das feinere Leben der Form, für die plastische Beseelung der ganzen
Gestalt bis zur Gleichgültigkeit und Rohheit herabsinken lassen. Am
besten sind noch die älteren Werke, besonders Orlando di Lasso von
PVidnmann und Gluek von Brugger, die neuerdings vom Odeonsplatze
ilaeh dem Promenadenplatze haben wandern müssenß") Aber wenn man
die jüngsten Erzbilder der Maximiliansstrasse und gar das neue Denkmal
Kurfürst Max Eninmnuefs auf dem Promeuadenplatze sieht, so muss man an
Schwan-
thalers
Schuh.
i) Dies Promeniren der Statuen, das man jetzt in Berlin nachahmen zu wollen
scheint, ist eine nnbegreifliche Rohheit, und beweist, wie man heutzutage bei
hoher theoretischer Bildung in der Aesthetik doch in der Praxis allen Sinnes für
das monumental Schickliehe baar sein kann. Freilich ist es für viele solcher m0-
(lernen Standbilder ganz gleich, wo sie stehen, weil sie überall schlecht sind und
bleiben. Um auf dem Promenadenplatz die fünfjetzt dort versammelten Statuen
zur Ansicht zu bringen, hat man schliesslich eine zweite Barbarei begangen und die
eine Reihe der Bäuxne daselbst umgehauen!