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Die weitere lilntwiclähulg dieser Richtung ist nirgends mit so schönem
Erfolge gefördert worden wie in der Berliner Schule. Zwar fehlt es
auch hier nicht an Solchen, die vorzüglich in antikisirender Anschauung
wurzeltcn, wie Friedrich Ticch (1776- 1851), der die plastische Aus-
schmückung des von Schinkel erbauten Schauspielhauses schuf; allein der
Schwerpunkt der dortigen Leistungen ruht auf der durch Sehadow neube-
gründeteil Auffassung. Der vorzüglichste Nachfolger desselben war
Christian Rauch (1777-1857), der in seinem langen thätigen Leben
durch Lehre und Beispiel dieser Richtung den Sieg verschafft hatit). Er
vermochte dies aber nur dadurch, dass er die zeitlich und individuell be-
dingte Form geschichtlicher Erscheinungen in ganzerBestinnntheit gelten
liess, aber die Schärfen und Härten, zu welchen eine solche Darstellungs-
weise in ihrer Einseitigkeit führen muss, durch einen Hitllßll antiken
Sehönheitsgefühls milderte. Diese vermittelnde Stellung erkennt man
schon in einem seiner frühesten Werke, dem 1813 vollendeten Marnuivrbild
der Königin Luise im Mausoleum zu Charlottenburg, dem an Adel der
Empfindung und Schönheit der Durchführung wenig moderne Werke
gleichkommcn (Fig. 228). Eine vereinfachte Wiederholung, bei welcher
der Ernst des Grabdenkmals etwas stärker zur Geltung gebracht ist, schuf
der Meister für Potsdam; später dann, noch schlichter und grosszirtiger,
das Denkmal der Königin von Hannover für das Mausoleum zu Herrn-
hausen. Auch bei anderen Aufgaben, wo die Schwierigkeiten des mo-
dernen Kostüms zu überwinden waren, wie bei den lllarmorstandbildern
der Gencrale Schamhorst und Bülow (1815-22), ilebcn der Hauptwache
in Berlin, verbindet sich eine wahrhaft monumentale Auffassung von
strengem Adel init einem unübertreiflich schlichten und firinen Natursinn.
ln den Reliefs des Postamente sind mit wenigen sinnbildlicheil Gestalten
von klassischer Reinheit die gedanklichen Bezüge der Aufgabe ausgespro-
chen. Zu gleicher Zeit (1820) entstand das Erzbild Blüchers für den
Blücherplatz zu Breslau, das den "Marschall Vorwärts" in kühn vor-
stürmender Bewegung darstellt. Es ist das einzige von ltauchs Werken,
welches, durch eine Zeichnung Schadows veranlasst, statt der plastischen
Geschlossenheit ein mehr malerisch bewegtes Momentbild zur Erscheinung
bringt. Mehr in seiner (vigiansten Weise gab der Meister ein Bild des Hel-
den in dem für den Opernplatz zu Berlin ausgeführten Erzdenkmal (1826),
das bei strenger plastischer Fassung das Kühne, Kampfbereite des Grei-
senjünglings mächtig hervorheht. In den reichen Reliefeompositionen des
Eine treffliche Charakteristik des künstlerischen Entwicklungsganges
Meisters gab F. Kuglrr im Deutschen Kunstblatt 1858.
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