Viertes Kapitel.
Die Länder des Biittelnweres
mtcr orientalischem Einfluss.
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Vergleichen wirin einem raschen Rückblick die persische Scu-lptur
mit ihm,- luuttef, der agsyrischel], so wird bald ersichtlich, wie ein mehr
ideales Streben, ein fast gemüthvoller Hauch der Empfindung den
Werken von Persepolis eigen ist. Damit hangt auch die ruhigere. Hal-
tung, die klarere Anordnung, die stylxtollere Dilrchbildung zusammen.
Aber in dem Streben nach stiller Würde und Gemessenheit opfert die
persische Kunst zu viel von jener friscluaren, lebensvollcren Beweglich-
keit der assyrischen Plastik, als dass es möglich geworden wäre, jellß
zu einer höheren, inhaltvollercwn Erscheinung zu entivirkeln. Um den
Grund davon einzusehen, müssen wir uns erinnern, dzlss die Perser nur
die Erben und die Abschliessei- der inittelasiatisclien Kultur waren, und
dass sie zu schnell dem allgemeinen Schicksale des Orients, der Er-
schlaffung, verfielen. Und schliesslich sollte und konnte es einmal dem
Despotismus des Orients nicht beschieden sein, dem Menschengeschleehte
die freie, ebenso lebenswahre als stylvolle Kunst zu schenken. WVas per-
sicher Kunstgeist ersinnen und persiehe Künstlerhand ausführen konnte,
das gipfelte in der Ve1'herrlichung' des „gr0ssen Königs (larüber hin-
aus gab es keine Idee. Während aber in Persepolis die Bll(l1l8l' des ver-
götterten Xerxes die Wände und Pfeiler des Palastes schmückten, der das
Sinnbild aller Herrlichkeit des ungeheuren Pcrserrciches sein sollte,
schickte sich in Griechenland das Volk der Hellenen an, den erienta.-
lischen Despotismus in seine Schranken zurüel-zzuvveisen, Eilropa die
Unabhängigkeit zu retten imd in der Freiheit die Grundlage für jene
höchste Kunst zu schalfen, für welche die gesammte alte Kultur des
Orients nur eine Vorbereitung gewesen war.
Verhiiltniss
zur :1ss_vr.
Kunst.
VIERTES
KAPITEL.
Die
Länder
des
Mittelmeeres.
Einüuss.
unter
orientalischem
dvenn von der alten Kulhir (ler Länder des lllittelmeveres die Rede
ist, so steht uns sofort das glänzende Bild des Grieelumtlnuns vor der
Seele, das mit seiner (lesittung und seiner Kunst in alle Buchten, an
alle Gestade des weitgestreekten mittelländischcxn Wasserbeekens sich
(äosvhicht-
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nn-nhzlnlg.