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Erstes Buch.
erinnern. Die menschlichen Gestalten halten sich ziemlich einförmig, die
Thiere dagegen zeigen elastische und lebensvolle Bewegungen.
Ausscr diesen merkwürdigen Darstellungen finden sich vereinzelte
Reliefbildcr an den Felswänden der Königsgräiber von Perscpelis.
Sie enthalten stets über einer Säulcnstellung sammt Gebälk ein
von vielen Menschcnfiguren emporgehaltenes bühnenartiges Gerüst, auf
welchem der König in feierlicher Haltung vor einem Feueraltarie dem
Lichtgeiste Orinazd, gemäss der reinen Lehre Zoroasters, seine Yor-
ehruug (larbringt. Diese Scenen atlnnen noch merkbarer den stillen,
würdevollen Geist der übrigen persischen Denkmale. Bemcrkenswcrth
ist die Gestalt des Feroher, d. h. des Sehutzgcistcs, der hier wie überall
über dem Könige schwebt: eine mit Flügeln und Vogelschwanz versehene,
in einem Ringe gehaltene menschliche Figur. Man findet sie auch auf
assyrisehen Monumenten.
Endlich haben wir eines wichtigen Denkmals ElWVällllllllg zu thun,
das unter allen persischen läildwerken allein einen bestimmt ausge-
sprochenen geschichtlichen Vorgang schildert. An einer hohen, steil
aufsteigenden Felswand bei Behistan oder Bisutun im heutigen
Kurdistan, an der alten Heerstrasse, die von Babylon gen Osten führte,
ist dreihundert Fuss hoch über dem Boden mit staunenswerthem Auf-
wand von Kraft und Kühnheit ein grosses friesartiges Reliefbild aus-
gehauen. Es stellt einen Perscrkönig mit zwei Begleitern dar, der den
Fuss auf einen am Boden liegenden Feind setzt. Der König hält in der
einen Hand den Bogen und hat die andere wie in drohender Bewegung
erhoben. Denn ihm gegenüber sieht man neun menschliche Gestalten,
alle in verschiedener Tracht, aber in derselben Haltung, die Hände auf
dem Rücken zusammengebunden, ausserdem sämmtlich (lurch ein Seil.
das die Hälse umschlingt, an einander gefesselt. Uebcr dem Könige
schwebt der Ferohcr. Die Ausführung des kolossalen Werkes soll zum
Theil an Feinheit und Sorgfalt den Arbeiten von Persepolis gleich
kommen; nur die Gefangenen seien flüchtiger behandelt. Durch zahl-
reiche beigefügte Inschriften werden wir belehrt, dass wir den grossen
Erneuerer des Reiches und Wiederherstcller der Zoroasterlehre, Darius
Hystaspis, vor uns haben, der über verschiedene mit Namen bezeich-
nete Rebellen triumphirt. Der gefährlichste Empörer ist der unter seinen
Füssen liegende Magier Gomates, in der Geschichte unter dem Namen
des falschen Smerdes bekannt. Rawlinson setzt demnach die Entstehung
dieses merkwilrdigen Denkmals in das Jahr 516 v. C1112, jenen Zeit-
Punktr WO Darius nach Dämpfung der in Babylon, Susiana und anderen
Provinzen ausgebrochenen Empörungcn einer kurzen Ruhe sich erfreute.