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Buch.
Viertes
Deutsche
Bilrlneröi.
Nederläindi-
sicher Ein-
Huss.
auch hier die Anordnung; aber innerhalb derselben ist doch eine gute
plastische Wirkung erreicht, die durch kräftiges Naturleben und eine
frische Behandlung der Formen sich anziehend ausspricht.
Deutschland wird im 17. Jahrhundert durch die Verhcernngen des
30 jährigen Krieges nicht allein von allem künstlerischen Schaffen abge-
halten, sondern für lange Zeit in eine Erschöpfung und llluthlosigkeit ge-
stürzt, die dem Aufblühen einer selbständigen Kunstthatigkeit den gei-
stigen und materiellen Boden entzog. Auch hier ist es dann bezeichnend,
dass eine neue Triebkraft in dem Staate zuerst hervorbricht, der durch
den Heldensinn des grössten Fürsten der Zeit sich damals in jugendlicher
Frische erhob. Brandenburg unter seinem grossen Kurfürsten verbindet
mit der politischen Erneuerung des Lebens sofort auch die künstlerische,
und das gesinnungsverwandte Holland muss ihm seine Baumeister und
Bildhauer leihen, um diesen Umschwung vollziehen zu helfen. S0 knüpft
man denn in Deutschland die vielleicht nie abgebrochene Verbindung,
welche in der früheren Epoche schon mit den Niederlanden stattfand,
wieder an. Arthur Qnellinus gehört zu diesen Künstlern, und eins der
tüchtigsten älteren Denkmale in Berlin, das Grabmal eines 1666 ge-
storbenen Grafen Sparr, im Chor der Marienkirche, scheint auf seine Hand
zu deuten.
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Sch
reas
iter.
Von solchen Einiiüssen geht der grosse Baumeister und Bildhauer
Andreas Scklüler aus, der durch seine architektonischen und plastischen
Werke den ersten Grund zur heutigen künstlerischen Bedeutung Berlin's
gelegt hat. In Hamburg um 1662 geboren, kam er früh mit seinem Vater,
einem mittelmässigen Bildhauer, nach Danzig, wo damals meist durch
niederländische Künstler bedeutende Bauten ausgeführt wurden. Sehlüter,
der sich mit gleichem Eifer der Architektur und der Bildnerei zuwandte,
scheint seine weitere Entwicklung sowohl in den Niederlanden als in Ita-
lien gefördert zu haben. Um 1691 finden Wir den noch nicht Dreissig-
jährigen in Warschau mit königlichen Aufträgen betraut. Schon 1694
wird er nach Berlin gerufen und dort zuerst als Bildhauer, dann auch
als Baumeister beschäftigt. Von ihm rührt der gesammte plastische
Schmuck des von Nehring erbauten Zeughauses: an den Aussenseiten
die prächtig in schöner Gruppirung angeordneten Trophäen, welche den
edlen Bau bekrönen, besonders aber im Hefe über den Fenstern die Köpfe
sterbender-Krieger. Tiefsinnig erfunden, ergreifend ausgeführt, bilden sie
die Kehrseite jenes freudigen Waifenglanzes der Fagaden und erinnern mit
tiefer Vilahrheit des Ausdruckes an die tragische Bedeutung des Schlach-
tenlebens. Zugleich entstand 1697 das von Jdlmbi gegossene eherne
Standbild Kurfürst Friedrichs IIL, eine charakteristisch lebensvolle