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Viertes
Buch.
Desj urdins.
Coyzevox.
Ebenfalls in der Sammlung des Louvre ist die aus dem J. 1684 datirende
Gruppe des Perseus, der Andromeda befreit; wieder rein malerisch com-
ponirt und mit grosser Keckheit bewegt, in den Formen aber edler und
im Ausdruck lebendig. Meisterhaft naturalistisch in ganz malerischem
Hochrelief ist ebendort sein Alexander und Diogenes. In diesen und an-
dren daselbst befindlichen Werken giebt er sich als einen der entschieden-
sten Nachfolger Berninfs zu erkennen. Auch der Niederländer Illarlivz
Desjjardins, eigentlich Jll van den Bogaert (l 640 -94) gehört mit seinen
im Louvre befindlichen Werken durchaus der französischen Schule an.
Das Marmorrelief des vom Ruhme gekrönten Herkules ist ziemlich akade-
misch, dabei nur massig theatralisch und gut durchgeführt. Von dem
Reiterstandbilde Ludwigs XIV., welches er für den Siegesplatz in Paris
schuf, sind nur die sechs Bronzereliefs des Fussgestells übrig geblieben.
Fleissig ausgearbeitet, leiden sie an der malerischen Willkür, an affek-
tirtem Pathos und übertrieben langen Gestalten. Die Marmorbüste des
Marquis Eduard Oolbert, Bruder des Ministers, ist etwas hart, {lach und
äusserlich. Endlich haben wir in dieser Reihe als einen der tüchtigsten
Charles Antoine Coyzevox von Lyon zu nennen (1640-1720). Seine
Bildnissdarstellungen, die man in der Sammlung des Louvre sieht, wie
die geistreiche Marmorbüste Richeliews, das etwas theatralische aber treff-
lich behandelte Marmorstandbild Ludwigs XIV., die höchst lebendigen
Büsten von Bossuet, Lebrlm und Mignard, dessen nervöser Kopf mit einer
Feinheit gegeben ist, als ob er sich selbst gemalt hätte, die edle natur-
wahre Büste der Marie Serre, Mutter von Hyazinthe Rigaud, das sind
Arbeiten, die nur selten durch einen Anflug von Attitüde getrübt werden.
Mit bewundernswürdiger Technik sind dabei die pompösen Lockenunge-
heuer der Alongeperücken behandelt. Sein Hauptwerk ist aber ebendort
das grossazrtig aufgebaute, opulente, im Umriss vortreffliche Grabmal
Mazarin's. Der Marmorstatue des knieenden Ministers fehlt freilich dic
Spätere
Künstler.
imiere Empfindung, aber sie ist im Sinn einer würdevollen Repräsentation
edel aufgefasst und mit vollendeter Meisterschaft durchgeführt. In den
drei auf den Stufen des Monumentes sitzenden Erzfignren der Klugheit,
des Friedens und der Treue herrscht eine reine, von der Antike und den
Traditionen des 16. Jahrhunderts genährte Auffassung, die bei feinster
Dnrchbildung der Köpfe, Hände und Gewänder jede kleinliche Manier
der Zeit vermeidet. Auch die beiden Marmorgestalten der Caritas und
der Religion sind bei etwas weicherem Style, etwa in der Weise Guido
Renfs, recht edel.
Im Laufe des 17. Jahrhunderts geht die französische Sculptur zu einer
zahmeren Eleganz über, die sich besonders in einer selbstgefälligen süss-