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Viertes Buch.
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tralische Miene der Entrüstung an, als weise sie eine ungebührliche Zu-
muthung zurück. Von Moechi sind auch die würdelosen 1625 vollendeten
ehernexi Reiterbilder des Alessandro und Ranuccio Farnese auf dem Markt-
platze zu Piacenza. Sodann lernt man in dem Franzosen Pierre Leyros
(1658-1719), dessen Hauptthätigkeit Rom angehört, einen späteren
exaltirten Nachtreter berninischer Ueberschwanglichkeit kennen. In der
Kirche del Gesü sieht man am Altare des h. Ignatius eine jener lappischen
Allegorien, mit denen die Jesuiten damals ihre Kirche zu schmücken lieb-
ten: die Religion, eine klöstcrlich verhülltc Frau, in der Linken unbe-
hülflich genug Kreuz und Buch haltend, in'der weit ausholenden Rechten
einen Blitz schwingend, schmettert die Ketzerei in den Abgrund. Letztere
ist würdig vertreten durch einen zwischen Schlangen und den Büchern
Luthers und Calvins sich am Boden windenden Mann und durch ein hass-
liehes altes Weib, das sich die Haare ansrauft. Wenn solcher Wahnwitz
noch durch erträgliche Formen geniessbar würde! S0 aber stehen Oompo-
sition und l-formbiltlung auf gleich tiefem Niveau. Von ähnlich geistrei-
cher Eründung ist die ebenbürtige Gruppe, welche T eudon für die andre
Seite des Altares arbeitete: der Glaube wirft die Abgötterei zu Boden.
Die Koketterie mit durchscheinenden Gewändern tritt besonders wi-
drig an zwei viclbewunderten Marmorwerken der Kapelle S. Maria della
Pieta de' Sangri in Neapel hervor. Das eine ist der von Sammarlizzo
gearbeitete todte Christus, (lessen-Formen durch das dünne Leichentilch
sichtbar sind. Wenn es gewiss bezeichnend für die Gedankenlosigkeit
des frivolen Virtuosenthuins ist, einen solchen Gegenstand zum Schauplatz
derartiger Künstelei hembziivvüiwligeii, so wirkt doch die ebendort von
(florradiniin derselben Weise dargestellte sogenannte „Schamhaftigkeit"
noch viel widerwärtiger, weil ihre Formen eben dadurch nur um so scham-
loser sich bemerkbar machen. Der dritte im Bunde ist (lueirolo mit dem
„getauschten Laster", d. h. einem Manne, der sich unter Beistand eines
Genius aus einem grossen Netze zu befreien sucht. Wie immer halt hier
das freche Virtuosenthum mit der Fadheit des Inhalts gleichen Schritt.
Und das sind Werke aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts! So lange
also hielt der Barockstyl sich aufrecht. Dagegen thut es wohl, auch einmal
dem Ausdruck wirklicher Andacht uud stiller Sammlung des Gcmüthes zu
begegnen, wie in der schlichten Statue des h. Bruno in der Kitrthauser-
kirche von S. M. degli Angeli zu Rom, von einem der damals dort vielbe-
sehaftigten französischen Künstler, Jean mtloi-ne Houdozz (1741-1828).
Doch damit stehen wir auch an den Gränzen der Epoche und spüren schon
das Wehen einer reineren Atmosphäre. Von Houdon ist auch die fein
behandelte Statue Voltaireis im Theatrc frangais zu Paris. Die Sammlung