Viertes Kapitel.
Die Bildnerei von 1560
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eine maassvolle naturwalire Behandlung. Etwas früher") scheint der-
selbe Künstler den Merk u rb run nen geschaffen zu haben, dessen Haupt-
figur die elegante Statue des Gottes, mit dem Caduceils etwas absichts-
voll nach oben weisend, während ein Amorin ihm den Flügelschuh
am rechten Fusse befestigt. Auch in diesem ansprechenden Werke ist
das kecke Linienprinzip des Giovanni da Bologna ilicht zu verkennen.
Wenn man dagegen eifert, dass diese WVerke ihren Schmuck aus
der Mythologie des Alterthums nehmen, so ist dagegen einfach zu sagen,
dass schwerlich Etwas an die Stelle zu setzen wäre, das dem Linien-
gefühl und der Freude an der bewegten Menschengestalt nur entfernt
ähnlichen Anlass zur Befriedigung geben könnte. In dieser Hinsieht
vermögen wir heute nur mit Neid auf die lebensvolle Naivetat jener Zeit
zu blicken.
Aueh das letzte und kleinste dieser Werke, der Neptnnsbrünnen
mit der leicht bewegten den Dreizaek schwingenden Gestalt des Göttes,
deutet auf niederländische Hand und dürfte am ersten dem de Vries an-
gehören. Dass es nicht von dem in Augsburg ansässigen Ulmer Giessei-
llblfjqany Neidthart stammen kann, der später ein nach Schweden ge-
kömmenes Standbild Gustav Adolfs goss, hat Nagler naehgwiesen. Da-
gegen fertigte dieser Künstler die metallenen Zierden des Rathhauses,
und ein anderer einheimischer Giesser, Johann Reiche], arbeitete vor 1607
die stark manierirte Statue des Erzengels Michael über dem Portal des
dortigen Z cugh au s e S:
Dem [haben Gerhard begegnen wir wieder in Münchenj wo er
nach dem Entwurf eines anderen daselbst vielbeschäftigten Niederländers,
des Architekten, Malers und Bildhauers Peter dc Wille (von den Italienern
Cavzdido genannt), die Kolossalstatue des h. Michael an der Irlacade der
gleichnamigen Kirche goss. Für das Fuggefsche Schloss zu Kirchheim
arbeitete er die jetzt zu München in der Erzgiesscrei befindliche Gruppe
des Mars und der Venus, welche jüngst die Prüderie unsrer Zeit zu einer
offiziellen Kundgebung aufgeregt hat. Umfassender ist dann die Thütig-
keit Peter de lf"itie's, der die rechte Hand Kurfürst Maximilians I. bei
dessen bedeutenden künstlerischen Unternehmungen war. Er fertigte die
Zeichnungen zu den Erzwerken, mit deren Guss wir einen einheimischen
Bildhauer und Giesser, den Hans Krunyzer von Weilheim, beschäftigt
finden. Zunächst die prachtvollen beiden Erzport-ale und die Madonna an
der Vorderseite der alten Residenz, deren Bau 1612 begann; sodann
im vorderen Hofe derselben den grossen Brunnen mit dem Standbild
Erzplastik i:
Bliixxehenl
Vor 1594; denn aus
geführte Stich des Brunnens.
diesem Jahre
datirt:
VOD
Wolfgang Kilian
HUS-