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Viertes Buch.
Deutschland.
ster wohl auch von der blinfachheit der Soulpturen des I3. .Tnl1i-l1i1i1dcn'ts
Manches gelernt haben.
In umgekehrtem Verhältniss kann Deutschland sich während dieÄ
ser Epoche keiner Plastik rühmen, die an Ursprünglichkeit und Frische
mit der vorhergehenden Zeit zu wetteifern vermöehte. Wohl wird durch
den Luxus der Fürsten und der Städte noch manches glänzende Werk her-
vorgerufen; allein die Künstler zeigen eine Abnahme selbständiger Em-
pfindung und geben sich den Impulsen der italienischen Kunst vollständig
hin. Waren- solche Einflüsse in der vorigen Epoche nur leichter Art und
mehr im Geiste der Frührenaissance, so tritt jetzt die kühlere, conven-
tionellere Form der römischen Schule aussehliesslieh hervor. Ausserdem
merkt man bald, dass die religiösen Wirren, die gewaltigen Bewegungen
der Reformation und die Kämpfe, welche dieselbe um ihre Existenz zu
führen hatte, die Geister mit sich fortrissen und vom ruhigen künstleri-
schen Schaffen abzogen. Kein Wunder daher, dass man italienische und
niederländische Meister immer mehr nach Deutschland zog und mit den
bedeutenderen Aufträgen betraute. Die Aufgaben, welche diese Zeit der
Plastik stellte, beweisen auch hier die zunehmende Verweltlichung der
Kunst. Prachtvolle öffentliche Brunnen, sowie die Ausschmückung der
fürstlichen Paläste, vor Allem die Ausführung reicher Grabdenkmale um-
schreiben den Kreis, innerhalb dessen sich die Bildnerei fast ausschliess-
lieh bewegte. Bezeichnend ist vor Allem die veränderte Gesinnung, in
welcher man jetzt die Grabmonumente anordnete. Schon an dem oben
besprochenen Denkmal Kaiser Maximilians zu Innsbruck (S. 611), dessen
Vollendung allerdings erst in diese Zeit fallt, dessen Plan aber aus dem
Anfang des 16. Jahrhunderts datirt, hatte die kirchliche Auffassung kein
Wort mehr mitzureden. Selbst die Reliefs des Sarkophages erzählen nur
von den kriegerischen und politischen Thaten des Gefeierten, und die
vier Tugenden auf dem Deckel sind mehr allgemein menschlicher, als
kirchlicher Art.
Denkmal
Kurfürst
Muritz in
Freiberg.
Demselben Geiste begegnen wir dann an dem fast ebenso umfang-A
reichen und nicht minder prachtvollen Denkmal des Kurfürsten Moritz,
welches geraume Zeit nach seinem Tode (T 1553) im Dome zu Freiberg
errichtet wurde. Zur Herstellung desselben wandte man sich, wie berichtet
wird, an niederländische Künstler, welche die Arbeit 1588-94 vollen-
deten. Der schwarz marmorne Sarkophag ist reichlich mit Reliefs und
Statuetten von weissem Marmor geschmückt, unter denen die trauernden
Musen und Grazien den michelangelesken Styl mit anmuthiger Lebendig-
keit wiedergeben. Der Deckel ruht prachtvoll auf acht ehernen Greifen
und trägt die einfach edle kuiccnde Alabasterfigur des Verstorbenen. Zu