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Viertes Buch.
ten und Republikaners vertheidigte, war Michelangelo in stillen Milsse-
stunden an den Grabmalern in S. Lorenzo thiitig. Nach dem Fall der
Stadt, nachdem er geächtet, gcüohen, dann wieder begnadigtund zurück-
gekehrt war, scheint er sich mit verzweifelnder Anstrengung in die Arbeit
versenkt zu haben, um seinem Gram über den Untergang der alten Frei-
heit zu entfliehen. Im September 1531 sind die beiden weiblichen
Statuen ganz, die beiden männlichen zur Hälfte vollendet, und Clemens VII.
selbst muss dem Meister anbefehlen, von seinem anstrengenden Schaffen
auszuruhen. Nicht lange nachher wurden die Denkmäler nicht voll-
endet, sondern in dem halbfertigen Zustande, wie sie noch jetzt sind,
stehen gelassen; denn mit dem Tode des Papstes (25. Sept. 1534) brach
Michelangelo seine Arbeit plötzlich ab.
Allein auch in diesem unvollendeten Zustande gehören sie zu den
ergreifendsten Monumenten der neueren Sculptur. In der Anordnung ver-
ülhr der Meister völlig frei, ohne auf irgend ein Herkommen Rücksicht
zu nehmen. Die Architektur dient hier nur als loser Rahmen für die
Bildwerke, die völlig um ihrer selbst willen geschaffen sind.
irischen sitzen die Gestalten der Verstorbenen; unter ihnen
In Wand-
lagern auf
Fig. 209.
Aumrn und der Abend
von Michelangelo.
den schräg abgerundeten, sehr abschüssigen Deckeln des Sarkophags je
eine männliche und eine Weibliche Figur, bei Loreuzo die Gestalten des
'I'ages und der Nacht, bei Giuliano der Aurora und des Abends (Fig. 208).
Was Michelangelo zu diesen ganz allgemeinen und nicht einmal charak-
teristischen Allegorien bestimmte, war vielleicht nur der Wunsch, den an
solcher Stelle üblichen Tugenden aus dem Wege zu gehen. Daher bildete
er hier gewaltige Menscheugestalten, Atheils im Schlummer, theils in