Drittes Kapitel.
Italienische Bildnerei im '14
Jahrhundert.
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(1522-1523) entstanden sein, welche Michelangelo, wie ausdrücklich
bezeugt wird, zur Förderung der Arbeit am Grabe Julius II. benutzte.
Von den beiden Sklaven des Louvre dagegen möchte ich nach der ganzen
Anlage schliessen, dass sie noch bei Julius Lebzeiten gearbeitet wurden.
In der Reihe seiner übrigen Werke ans der früheren römischen
Epoche steht der marmorne Christus in S. M. sopra Minerva zu Rom
obenan. Es ist eine vollendet edle, freilich mehr im Geiste der Antike
vielleicht zu elegant aufgefasste nackte Gestalt, die später mit einem
Bronzeschurz bekleidet wurde. Der Ausdruck des etwas allgemeinen
Kopfes ist von ruhiger Milde; die Bewegung des zur Linken gewendeten
Körpers contrastirt fein mit dem Kreuz, das er an der rechten Seite hält.
Das Werk ist so rein und schön empfunden, dass Grimms Erklärung,
es zeige bereits Manier, mir ungerecht scheint. Denn wir dürfen unsere
Vorstellung vom Göttlichen nicht als Maassstab für ein Werk jener Zeit
anlegen, der das Antike und Christliche in einen Schönheitsbegliä zu-
sammenfloss. Die Vollendung des Werkes fällt ins Jahr 1521. Eher
früher als später scheint das schöne unvollendet gebliebene Marm0rreliet'
in den Uffizien zu datiren, welches in einem Medaillen die lllzidonna
mit dem Christkinde und dem kleinen Johannes darstellt. 'l'retflich in
istusbih
Rum.
den Raum geordnet, edel im Ausdruck und in den Linien, gehört es zu
den reinsten, nbsiehtslosesten Schöpfungen des Meisters. Ein anderes
Relief desselben Gegenstandes besitzt die Sammlung der Akademie zu
Londonit) Wahrscheinlich gehört auch die angefangene Statue eines
jugendlichen Apollo, der in den Köcher greift (Sammlung der Uffizien),
noch in diese Epoche. Das Motiv der Bewegung ist von spreehendem
Ausdruck.
Wir kommen nun zur zweiten Ilauptarbeit seines Lebens, den
Medieeergräbern in S. Lorenzo zu Florenz. Ende März 1520 trug
Leo X. dem Meister auf, die neue Sakristei an S. Lorenzo zu erbauen
und für dieselbe die Gräber seines Bruders Giuliano und seines Neifen
Lorenzo zu entwerfen. Im April 1521 wird in Carrara ein Contrakt mit
dortigen Bildhauern gemacht, welche sich verpflichten, binnen Jahresfrist
eine sitzende Madonna für die Sakristei vor-Zuarbeiten. Es ist die noch
dort befindliche, später zu" bespreehende Statue. Während der Be-
lagerung seiner Vaterstadt, die er mit dem Eifer eines glühenden-Patrio-
Gräber 4h
Mediccor.
4') Dies Relief habe ich trotz aller Bemühung ebenso wenig zu sehen bekommen
wie den daselbst befindlichen Karton Lionardds. Beide Werke seien wegen der
Vorbereitungen zur internationalen Kunstausstellung (1862) unsichtbar, hiess es.
Wenn man abeif solche Schätze besitzt, dünkt mich, hat man die Verpflichtung, sie
auch zugänglich zu erhalten.