Drittes Kapitel.
Das mittlere Asien.
geistige Auge sieh mehr nach innen als nach aussen wandte, wurde die
Kunst durch den Mangel an ruhiger Beobachtung in's Form- und Maass-
lose gelockt; bei den Aegyptern, wo eine verständige Betrachtung des
Wirklichen den Kunstsinn schon früh auf eine gesunde Bahn geführt
hatte, erstarrte der Fortschritt bald in den unbeugsamen Forderungen
eonventioneller Gesetze und vermochte nicht ferner durch fortgesetzte
frische Beobachtung des Lebens und Aufnahme neuer Motive sich vor
der geistlosen Wiederholung schematischer Typen zu retten. Dass da-
gegen die assyrisehen Künstler nicht" müde wurden zu lernen, Auge und
Hand zu üben, erkennt man aus manchen iiusseren Verbesserungen, die
sie naehmals einführten. So finden wir in Kujjundsehik nirgends mehr
die Rücksichtslosigkeit der älteren Zeit, die ihre Keilschriftreihell un-
bekümmert über die dargestellten Figuren hinziehen liess; ebenso wird
nicht mehr die Bogensehne, die vor dem Gesiehte des Schützen sich
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Fig. 21
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Kujjnndschik.
zeigen muss, lmterbrochen, sondern ruhig durchgeführt (Fig. 21). S0
linden wir überall neue, richtigere Beobachtungen verwerthet, ja selbst
manche perspektivische Verkürzungen mit Glück in einem maassvollen,
aber zierlich (lurchgebildeten Relief zur Erscheinung gebracht.
Was aber bei so unleugbaren Vorzügen die Schranken der assy-
rischen Kunst ausnlacht und ihr desshalb den Stempel orientalisc-her Ge-
bundenheit aufdrückt, das ist der Mangel an Stylgefühl und, was damit
zusammenhängt, die Unfähigkeit zur eigentlich künstlerischen Compo-
Lübke, Gesvh. der Plastik. 4
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dieser Kunst.