Drittes Kapitel.
Italienische Bildnerei im 16.
Jahrhundert.
651
dekorationeil bei der Vermählung Herzog Cosixnds errichtete. Die Zopfzeit
hat dies willkommene Motiv später dann bis zum Ueberdruss wiederholt.-
Bald darauf ging Jacopo nach Rom, wo er vorzüglich als Architekt
in Anspruch genommen wurde und sich mit Erfolg bei der Konkurrenz zu
der von den Florentinern dort beabsichtigten Nationalkirche S. Giovanni
de' Fiorentini betheiligte. Ein plastisches Werk dieser Zeit ist die mar-
morne Madonna mit dem Kinde in S. Agostino, eine edle Inspiration,
rein empfunden und in einfach grossen Formen durchgeführt. Die Ein-
nahme Roms 1527 durch den Connetable von Bourbon, welche mit ihren
wüsten Zerstörungsscellen das künstlerische Leben der ewigen Stadt auf
geraume Zeit knickte, vertrieb auch Sansovino nach Venedig, von wo er
sich nach Frankreich in die Dienste Franz I. zu begeben dachte. Aber
in Venedig wusste man den Meister zu fesseln und ihm so bedeutende
architektonische und plastische Aufgaben zu stellen, dass er gern
blieb und nun Venedig jenen Charakter grossartiger Pracht aufprägte,
der sich fortan in einer Reihe glänzender Unternehmungen aussprechen
Arheitel
Rom.
sollte.
Sansovino beherrschte seit 1529 über vierzig Jahre bis an seinen
Tod die Architektur und Bildncrei der Lagunenstatlt in einer Ausschliess-
lichkeit, dass man sagen darf, sein Geist war Allem eingeschrieben, was
während jener Epoche dort gebaut und gebildet wurde. Die Venezianer
wierlangten damals mehr als je die Entfaltung üppigstei- Pracht, wie sie
das architektonische Meisterstück Sansovinds, die Bibliothek von S.
Marco, so verführerisch an der Stirn trägt. Ein so vielseitiges, massen-
haftes Schaffen, wie es dem Meister zugemuthct wurde, ist aber kaum
durchzuführen, ohne dass die Leistungen eine grosse Ungleichheit zeigen,
ja manchmal ein ausserliches Wesen verrathen. Man wird daher begreif-
liclrfinden, dass in seinen plastischen Werken dieser Epoche gewisse
conventionelle Manieren, gesuchte und gezwungene Stellungen mit unter-
laufen, dass überhaupt die innere Wärme der Empfindung manchmal fehlt.
Aber lebendig sind doch fast alle diese lllerke, tüchtig hingestellt und in
freier, grosser Auffassung der Form, so dass sie unter den übrigen gleich-
zeitigen Arbeiten vorthcilhaft hervortreten. Nur wird manchmal wohl
selbst die Form verkümmcrt, weil auch Sansovino schon zu viel Gewicht
auf einseitig affektvolle Auffassung legt.
Schon an der seit 1540 entstandenen Loggetta am Thurm von S.
Marco sind die Erziigurcn des Apollo (Fig. 201) und lilercur, der Pallas
und der Friedensgöttin nicht ohne gesuchte Motive in Stellung und Be-
wegung durchgeführt. Am reinsten in der Empfindung ist noch die edle
Statue des Friedens. Die Köpfe aberzeigen Schönheit der Form und
Arbeiten i
Venedig.
Loggetla.