Drittes Kapitel.
Italienische Bi
dnerci im
Jahrhundert.
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terra, mit den Reliefs der VierKardinaltugenden und der Taufe Christi");
sodann (1503) für die Johanneskapelle des Domes von Genua die lllarlnor-
Statuen der Madonna mit dem Kinde mid Johannes des Täufers, namentlich
erstere von hoher Schönheitttt).
Bald darauf wurde Andrea durch Julius II. nach Rom berufen, um
in S. Maria del Popolo die beiden lllarmorgräber der Kardinäle Ascanio
Maria Sforza und Girolamo Basso della Rovere zu arbeiten, die man da-
selbst noch im Chore sieht. Vor 1509 waren beide Werke vollendet, zu
gleicher Zeit ungefähr mit Rafacls Disputa und Michelangclds Decke der
sixtinischen Kapelle. In der Anlage schliesst Sansovino sich der 11er-
kömmlichen Form an, aber die Composition ist freier, die Eintheilung
grösser und klarer. Das Ganze baut sich triumphbogenartig als vertiefte
Wandnische auf, welche die in sanftem Schlummer daliegende Gestalt des
Verstorbenen enthält. _Daneben jederseits eine kleinere Wandnische
mit der Statue einer Tugend, eingefasst durch schlanke Wandsäulen;
oben ein erhöhter Mittelbau mit schönem Madonnenrelief im Bogenfelde,
bekrönt durch Voluten und MUSClIElD, in der Mitte die Figur des seg-
nenden Gottvater, von zwei lebhaft bewegten lilngeln mit Fackeln
begleitet. Die niedrigeren Seitentheile sind durch je eine sitzende
Gestalt abgeschlossen; auf den äussersten Pilastereeken stehen Kaude-
laber mit Flammen: alles das im Sinne der vorigen Epoche noch
stark dekorativ, aber schön zusammengestimmt und in den lautersten
Formen ausgeführt. Das frühere von beiden Denkmälern ist jenes von
Ascanio Sforza, inschriftlich 1505 gesetzt, während das von Girolamo
della Rovere mit 1507 bezeichnet ist. Von unvergleichlichem Adel sind
die Gestalten der beiden Prälaten, in denen die Lebenswahrheit sich zu
reinster Anmuth verklärt. Beide liegen wie in ruhigem Schlummer leicht
bewegt, die stillen Gesichter wie von einem Abglanz ewigen Friedens
überhaucht. Aseanio stützt den Kopf auf die Hand, während Girolamo
den Arm nur leise hinaufgezogen hat: Motive, welche freilich gegen die
Strenge der früheren Auffassung ins Genrehafte hinüberstreifen, aber doch
mit solchem Adel, dass man keine Linie anders wünscht. Die Statuen der
Tugenden sind reizend belebt, am älteren Monument noch mit etwas zu
reichen bauschenden Gewändern, am jüngeren dagegen in vollendet klarem,
harmonischem Fluss der Linien. In auffallender Weise sind sie sämmtlich
Genua.
Gräber in
S. M. del P-
polo zu R01
a) Vasari, ed. Lemonn. VIII. S. 171. Note 2.
M) Bezeichnet: "Sansovinus Floreutinus faciebat." Am 13. Januar 1503 er-
hielt cr vom Horentinischen Magistrat die Erlaubniss, die fertigen Statuen abzusen-
den; 1504 ging er der Aufstellung wegen selbst nach Genua. Vergl. Gage, Cm.
teggio , II. 62 u. 256.