Drittes Kapitel.
Italienische Bildneroi im 16
Jahrhundert.
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mit Misstrauen und Abneigung im Kampfe liegenden, aber tief innerlich
erregten Aufmerksamkeit zuhören. In der Gewandbehandlung spürt man
den reinen Nachklang Ghibertfs; die Auffassung der Formen aber zeugt,
namentlich im Nackten, von einer grossartigen Freiheit, welche das
15. Jahrhundert nirgends erreicht hatte.
Das Werk war auf Bestellung der Zunft der Kaufleute ausgeführt
worden. Als es zu allgemeinem Beifall vollendet war (1511), erfuhr der
Künstler die bittere Kränkung, dass man ihm an dem wohlverdienten
Lohn mäkelte und ihn mit dem fünften Theile dessen, was er zu fordern
berechtigt war, abfertigte. Er zog sich "fast verzwciflungsvoll", wie
Vasari sagt, zurück und schuf fortan nur kleinere Werke, meistens aus
Gefälligkeit, von denen jedoch nichts Sicheres mehr nachziwvciscn ist.
Nach Vertreibung der Medici aus Florenz (1528) begab Rustici sich nach
Frankreich, wo er Manches für Franz I. arbeitete. Schon hatte er das
Modell zu einem kolossalen Reiterbilde des Königs in Angriff genommen,
als dieser (1547) starb. Die Arbeit blieb liegen, und der hochbetagte,
vom Schicksal schwer verfolgte Meister folgte bald dem Könige nach.
Mit durehgreifenderem Erfolg und friseherer Schöpferkraft trat ein
anderer Florentiner Meister, Andrea Conlucci da! Monte Sansouivzof) (1460
bis 1529) in die Entwicklung der Plastik ein und gab in einer Reihe von
Werken ihr jene lautere Schönheit, jene maassvolle Freiheit, jene Innigkeit
der Empfindung, die ihn als den nächsten Geistesverwandten Rafaels er-
kennen lassen. In der Schule Pollajuolols gebildet, scheint er früh den
Einfluss Lionard0's erfahren und vielleicht auch, nach Jac. Burckhardts
ansprechender Vermuthung, von Matteo Civitali berührt worden zu sein.
Zu seinen frühesten Arbeiten gehören die Reliefs der Krönung Maria, der
Verkündigung und einer Pictas, welche er im Auftrage der Familie
Corbinelli für die Sakramentskapelle im linken SOIÜGDSOlIIffQVOD S. Spirito
zu Florenz arbeitete. In diesen Werken erscheint er noch befangen vom
Style des 15. Jahrhunderts, von den Einflüssen seines Lehrers und des
Donatello. Später erst, so scheint mir, fügte er in freierem Style, aber
auch noch in zierlich kleinen Dimensionen die Statuetten der Apostel
Jakobus und Matthäus in den Seitennischen, sowie die anmuthig be-
wegtcn leuchterhaltenden Engel und das Christuskind hinzu. Neun Jahre
weilte Andrea sodann, etwa von 1491 an,'in Portugal, wo er für die
Könige Johann II. und Emanuel als Baumeister und Bildhauer thätig war.
Eine Marmorstattie des h. Markus und ein Thonrelief mit der Darstellung
Andrea San-
sovino.
Früheste
NVerKc.
D16 correktere Schreibweise ist San Savino;
wordene volksthümlichc Ausdrucksweise bei.
ich
behalte aber die üblich ge-