Drittes Kapitel.
Italienische Bildnerci im 16.
Jahrhundert.
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dem Deckel ruhende
Behandlung.
Gestalt
des
Verstorbenen
scheint von
grossartiger
DRITTES
KAPITEL.
Italienische
Bildnerei
im
Jahrhundert.
Ueberblickt man im Ganzen die plastischen Leistungen des '15. Jahr-
hunderts, so kann man nicht leugnen, dass die Bildnerei jener Epoche im
Norden der Malerei entschieden überlegen war, und dass sie in Italien
wenigstens mit Erfolg gegen die begünstigtere Schwesterkunst in die
Schranken trat. J emehr aber die Malerei von der Sculptur lernte, desto
sicherer musste sie dieselbe überflügeln. Was im christlichen Zeitalter ihr
die erste Stelle einräumte, ist früher schon erörtert worden; als sie nun
um den Beginn des 16. Jahrhunderts, im Wetteifer mit der Plastik und
gefördert durch dieselbe, sich zu freier Entfaltung der Form und zu höcl1-
ster Vollendung aufgeschwnngen hatte, war der Zeitpunkt gekommen, wo
die meisten und die grössten Aufgaben ihr wie von selbst zufielen, und die
Bildnerei sich mit engeren Schranken begnügen musste. Namentlich ging
die Ausschmückung der Altäre fast ohne Ausnahme in die Hände der Ma-
lerei über, und nur die Grabdenkmale blieben auch fortan der vornehmste
Schauplatz für die Thätigkeit der Plastik.
Aber in diesen engeren Grenzen erobert sich die Bildnerei a") ein um
so grösseres Maass von Freiheit der Bewegung. Hatte in der vorigen
Epoche die jugendliche Architektur der Renaissanceiihr gern und sorglieh
die Stätte für ein wirksames Eingreifen in die Gesammtcomposition berei-
tet, so musste die strenger und ernster gewordene Baukunst jetzt noch aus-
gedehntere Ooncessionen machen, wenn sie sich die Mitwirkung der Plastik
gewinnen wollte. Je selbständiger aber letztere wurde, desto weniger
mochte sie sich dem Maasse der Architektur anbequemen, und so bereitete
sich in dieser Epoche immer mehr die Auflösung des alten Bündnisses vor;
beide Künste lcrntcn auf einander verzichten, gingen ihre gesonderten
Engere
Begriinzung
der Plastik.
Grössere
IPreiheit.
w) Auch für diese Epoche muss ich vorzugsweise auf Jac. "Cine-
rone" (S. 637 -689) verweisen, der wie immer in gedrängtester Darstellung den
Stoff erschöpfend behandelt.