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Buch.
Viertes
Amicns.
Rhcims.
Weltliche
Plastik.
Buurges.
Rauen.
der Gestalten, namentlich Daniels, halt sich nicht frei von Uebertreibung.
Ebendort von demselben die reizend naive und frische Statue des Christ-
kindes, gleich den übrigen Werken dieses bescheidenen und tüchtigen
Künstlers aus dem an der Meuse brechenden Kalkstein gearbeitet.
Aber nicht überall wurde mit solchem Erfolge der neue Styl durchge-
führt. An einem Bischofsgrabe in der Kathedrale von Amiens ist die
knieende Gestalt des Verstorbenen sammt den allegorischen Figuren von
Tugenden ziemlich steif und ausdruckslos, die Architektur bei aller Zier-
liehkeit der Details doch nur sehwerfallig. Weit werthvoller zeigt sich
das prachtvolle Grabmal des h. Remigius im Chor von S. Remy zu Rheims,
vom Kardinal Robert de Lenoncourt 1537 errichtet und neuerdings (1847)
gründlich erneuert. Die an den Langseiten angebrachten zwölf Heiligen-
statuen sind grösstentheils würdige, ausdrucksvolle und charakteristische
Gestalten mit tüchtigen Köpfen und schlichter Haltung. An der östlichen
abgerundeten Seite knieet eine lebensvolle Portraitgcstalt vor dem weihen-
den Bisehofe, dem von Chorknaben assistirt wird.
Endlich kommt auch in einigen freilich vereinzelten lrlällen die Plastik
für rein profane Gegenstände und Zwecke zur Geltung. Noch ganz im
mittelalterlichen Geiste findet dies am Hause des Jacques Cocur zu B o u rge s
statt, welches dieser reiche Bürger und hochherzige Patriot bis 1453 er-
bauen liess. An der Facade schauen Hausherr und Hausfrau im Brustbilde
heraus, als wollten sie dem Eintretenden freundlich Willkommen zurufen.
Sodann sind über den einzelnen Portalen im Hofe charakteristische Reliefs
angebracht, um die Bestimmung der verschiedenen Eingänge zu bezeich-
nen. So sieht man über der Thür, die zur Kapelle führt, die Vorbereitun-
gen zum Mcssopfer; über einer anderen 'l'hür sind ergötzlich naive Küchen-
scencn geschildert; eine dritte ist mit Darstellungen weiblieherHandarbeiten
und männlichen Schaffens, mit Spinnen, Dreschen u. dgl. geschmückt.
Frisches Lebensgefühl athmet aus diesen kleinen anziehenden Bildwer-
ken. Vom Ende der Epoche datiren-sodann die zierlichen Friese im
Hofe des Hotel Bourgtheroulde zu Rouen, welche in fünf Abtheilungen
am linken Flügel des Gebäudes die Zusammenkunft Franz I. mit Heinrich
VIII. (l 520) schildern. Die Erzählung ist schlicht und naiv, in reicher
malerischer Anordnung, aber mit bescheiden behandeltem Relief. Oben
an der Attika sieht man in kraftigerem, auf die Ferne berechneten Relief
Darstellungen von Triumphzügen und Verwandtes. Etwas früher dagegen
werden die oberen Partien des Hauptbaues sein, dessen untere Theile noch
dem gothischen Styl angehören. Hier sind unter und neben den Fenstern
allerlei biblische Geschichten in flachem Relief, aber in völlig malerischer
Haltung über die Wandfelder ausgestreut.