Volltext: Geschichte der Plastik von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart

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Viertes 
Buch. 
Reliefs in 
den Kreuz- 
armen. 
vor Entsetzen mit der Bratensehüssel entweicht. Unter diesen grösseren 
Darstellungen sind, dort ir_1_ zehn, hier in fünf Medaillons, Scenen aus der 
Jugendgeschichte und Wunderthaten aus der Legende des Johannes ge- 
schildert. Das Relief ist flacher und bei einfach klarer Anordnung recht 
liebenswürdig im Ausdruck; auch hier Alles bemalt. 
Von ungleichem Werthe sind die Reliefs der Südseite, welche die Ge- 
schichte des Schutzpatrones von Amiens, des h. Bischofs Firmin erzählen. 
Die erste Abtheilung umfasst in vier Bildern das Leben des Heiligen. 
Zunächst sein erstes Auftreten in Amiens, wo er von Faustinian und den 
Seinigen mit Freuden etufgenommen wird, eine derbe ausdrucksvolle 
Strassenscene im Zeitkostüm, mit mancherlei lebendigen Genrezügen. So- 
dann predigt er das Ghristenthnm in einem Bilde, das an Uebertreibungen 
aller Art, an unedlen Franengruppen und wirr überladcner Anordnung 
leidet. Auch das folgende Relief mit der Taufe Blziustinians und der Sei- 
nigen ist ohne Würde, und ebenso die Enthauptnng des Heiligen eine un- 
schön übertriebene Scene. S. Firmin kniet dabei auf einer besonderen 
Konsole, und ihm gegenüber auf einer anderen der betende Stifter. Unter- 
halb dieser Darstellungen ist in einer vertieften Nische das Grab eines 
Bischofs angeordnet. Die Gestalt des Verstorbenen liegt würdig und aus- 
drucksvoll da, und zwei Engel von flandrischem Typus schlagen nach 
italienischer Weise die Vorhänge zurück, während ZWßi Diakonen die 
Wappen halten.  Die zweite Abtheilung der Schranken erzählt, wieder 
in vier Reliefs, die Aufsuchung, Auffindung und feierliche Einholung des 
heiligen Leichnams, wobei namentlich die Ausgrabung seiner Gebeine 
i-echt würdevoll geschildert und gut angeordnet ist. Uebrigens zeigen 
sich diese südlichen Reliefs bei kleineren Figuren (lurchgiingig viel über- 
füllter, als jene der Nordseite. Auch hier sieht man ein bischöfliches 
Grabmal mit besonders edler Gestalt des Ruhenden, der Kopf tüchtig 
charakterisirt und die Hände vorzüglich durehgebildet. Daneben und 
darunter werden in dreizehn flachen Medaillonreliefs Leben und Wunder- 
thaten des Heiligen geschildert. Die Anordnung ist überfüllter, die Bc- 
handlung flauer, ungeschiekterals an der Nordseite. 
Mit alledem ist aber der plastische Schmuck des Innern dieser schö- 
nen Kathedrale noch nicht erschöpft. Im südlichen Kreuzarme sieht man 
an den dort fortgesetzten Schranken unter vier noch glanzenderen Bogen- 
nischen das Leben des h. Jakobus dargestellt. Die Gruppirung ist wieder 
überaus reich, die Gestalten stehen gedrängt auf malerisch vertieftem 
Grunde und erhalten durch den überladenen Faltenwurf der Gewänder 
etwas Unruhiges. Dennoch zeichnen sich die Compositionen vor jenen 
Firminiusseenen durch Klarheit und achte Lebensfülle aus; namentlich
	        
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