Zweites Kapitel.
Nordische Bildnerei von 1450
1550.
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dem IßIinde vom Jahre 1530; huldvoll und von schönen reichen Formen,
die Gewandung in grossen Massen angeordnet und lebendig bewegt, sodass
hier noch entsehiedner der läuternde Einfluss italienischer Kunst sich in
der Formgebung offenbart.
Dies Denkmal erscheint um so wichtiger, als es einen Anhalt ge-
währen kann für die Aufhellung der hhltsteluulgsgeschichte eines andern
Werkes der Visehersehen Hütte. Es ist das Monument des Kurfürsten
Johann Cicero, ehemals in der Kirche zu Lehnin, jetzt im Dom zu BGYllIläi).
Dasselbe besteht aus zwei Theilen, einer unteren Platte, die in meister-
haftem Flachrelief die Gestalt des Verstorbenen enthält; darüber auf sechs
Pfeilern ruhend der Sarkophag, der nochmals in Hochrelief die Gestalt
des Kurfürsten enthält, letztere aber an Adel der Form und Feinheit des
Lebensgefühls der ersteren merklich nachstehend. Der Styl der Bildwerke
und der architektonischen Glieder weist die untere Platte etwa in die Zeit
des Sebaldusgrabes, das obere Werk dagegen in eine spätere Epoche.
Von der unteren Platte spricht ein Brief Peter Vischers aus dem Jahre
1524, in welchem der Meister dem Kurfürsten Joachim I. den Empfang
von 200 Gulden bescheinigt und das Grabmal, über welches der Fürst in
seiner Giesshütte mit ihm gesprochen, anzufertigen zusagt, wenn man ihm
eine Zeichnung der Tafel, deren Form und Stellung ihm „ aus der Acht"
gekommen sei, zuschicken wolle. Nach alledem scheint der unteren Tafel
wirklich ein Modell Peter Vischers zu Grunde zu liegen, nach seinem Tode
aber das ganze Denkmal durch seinen Sohn Johann vollendet werden zu
sein. Wenn trotzdem der Name des Letztern und die Jahrzahl 1530 an
der untern Tafel angebracht sind, so wird dies aus einer künstlerischen
Sitte der Zeit zu erklären sein. Auffallend bleibt dabei immerhin, dass
der XVerth des oberen Denkmals dem gleichzeitigen Werke in Aschaffen-
burg nicht ebenbürtig ist.
Denkmal
in Berlin.
Unter den Schülern P. Vischcrs ist besonders noch Pankraz laben-
wolf zu nennen. Er stellte das eben erwähnte Praehtgitter des Meisters
im Rathhause auf und machte dazu einige Wappen und andere Ver-
zierungen. Zu dem Springbrunnen im Hofe des Rathhauses goss er 1550
das Becken und die Säule, auf deren Drachenkapitäl ein Knabe mit einer
Fahne steht; ein zierliches Werk. Origineller ist ein andrer Brunnen
desselben Meisters hinter der Frauenkirche auf dem Gemüsemarkt: die
Pankraz
Lnbemvolf.
Ü Publicirt von Rabe (Berlin
den K1. Schriften II. S. 659 H.
Lübke, Gesvh. der Plastik.
Vergl.
darüber
den Aufsatz
Kuglezßs
' 39
in