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Buch.
Viertes
Antike
Stuml.
Wcrke der
Vis chef-
sehen Gicss-
es blieb in Nürnberg, wurde von (leu Herren für das Rathhaus eiwwirben,
zu Anfang unseres Jahrhunderts jedoch verkauft und eingeschmolzen! Es
enthielt ausser biblischen Gestalten unter Anderem eine Darstellung des
Kentauren- und Lapithenkatmpfes, würde also einen wichtigen Beleg für
Vischers Art der Auffassung antiker Stoffe geboten haben. Ein anderes,
dem Meister wohl mit Recht zugeschriebenes Werk dieser Gattung ist das
Relief von Orpheus und Eurydike in der Kunstsammlung des neuen Mu-
seums zu Berlin. Dagegen fragt sich sehr, 0b wir die Statuette des
Apollo als Bogenschützen, gegenwärtig im Iiandauer Brüder-hause zu Nü r n-
bcrg, ehemals im Schiessgraben der Stadt, für ein ächtes Werk Peter
Vischers nehmen dürfen. Zwar ist die Bewegung der jugendlichen Gestalt,
wie sie im frischen Vertreten zum Schuss den Bogen spannt, überaus
glücklich gedacht; aber in der Durchführung Inangelt jenes tiefere Ver-
ständniss und jene feinere Ausprägung der Form, die den ächten Werken
des Meisters eigen sind. Der Untersatz mit seinen Delphinen und xiaekten
Kindern entstellt geradezu durch Plumpheit das im Uebrigen ansprechende
Ganze. Wohl mag die Skizze zur Statuette noch von Peter Viseher her-
rühren; Modell und Guss dagegen stammen gewiss von einem seiner Söhne,
wie das auch theilweise durch die Jahrzahl 1532 bestätigt wird. Noch
ein Wort schliesslich über die Idee des kleinerl Werkes, um gewisse Re-
densarten von „Geschmack- und Taktlosigkeiten", welche „ die klassische
Bildung" schon hier an den Tag gelegt haben soll, zurüekzlnveisen. Da
bleibt nur zu fragen, ob für den Platz, wo die Bürger sich im Bolzen-
SClIlQSSG-ll übten, eine treifendere Figur erfunden werden konnte, als dieser
rüstige jugendliche Bogenschütz, heisse er nun Apollo oder anders. Wer
sich an dem Namen stösst, dem ist nicht zu helfen; wen die Nacktheit
ärgert, mit (lcssen Armseligkeit ist vollends nicht zu streiten. Ihm mögen
alle Pluderhosen und Stulpensticfel des modernen "Realismus" angewiesen
werden, um jede Blösse damit zu decken.
Wie weit unter Peter Vischers Leitrmg sich der Ruf der Nürnberger
Giesshütte verbreitete, erkennen wir am besten daraus, dass sogar für
den Dom zu Schwerin eine Erztafel zum Gedächtniss der 1524 verstor-
benen Herzogin Helene von Mecklenburg bei Viseher bestellt wurde.
Uebei" dies Werk giebt ein Brief des Meisters aus seinem lbdesjzihr 1529
Nachriehtf), worin er Hanf ziemlich derbe Weise sein I3efremden darüber
ausspricht, dass man ihm die fertig gegossene Arbeit seit Jahr und 121g
auf dem Halse lasse und sie weder abhole noch ihm Geld schicke, und in
LiSCII. in den Jahrb.
159.
des Ver.
für mecklenbnrg.
Gesch.
(Schwerin 193