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Viertes Buch.
Die
Propheten.
Der übrige
plasfisdn:
Sclnxxuck.
Andere
Werke
Y nschefs.
thümliehe Frische und die Wärme der Empfindung der deutschen Kunst
mit südlichem Formcnadel zu verschmelzen, dabei aber, was irgend an
Fluss und Schwung in der Kunst der eignen Vo1'fa.hre11 lag, zu neuem Le-
ben zu erwecken und der deutschen Plastik dieselbe Bedeutung zu errin-
gen, Welche der Malerei in äthnlicher Art durch Holbein zu Theil wurde.
Hoch über den Aposteln werden die Pfeiler durch zwölf kleinere Sta-
tuetten bekrönt, zum Theil Propheten in ähnlicher Feinheit der Charaktrx-
ristik, vier Figuren (lagegen in keeker Irlaltung und mit jugendlichen
Zügen in der Tracht der Zeit, der Eine sogar mit aufgestreiften Hemdar-
mein. Vielleicht ebenfalls Propheten, in deren Charakteristik der lileister
dann aber dem phantastischen Hange seiner Epoche starke Zugeständnisse
gemacht hat. Ausserdem sind alle übrigen dekorativen Theile mit einer
unabsehbziren Fülle von Bildwerken bedeckt. Besonders reich wuchert
dies heitere Leben am Unterbau. Auf den Ecken sitzen die lahantasievollen
Figürehen (les Nimrod, Sinlson, Perscus und Ilerkules zwischen ihnen
am Fuss des mittleren Kandelabers die Gestalten der Starke, Massigkeit,
Klugheit und Gerechtigkeit, köstlich bewegte Gestalten von grösster An-
muth. Auf den kleinen verbindenden Bögen des Unterbaues, dem mittleren
Gesimsc und den oberen Kapitalen der Kandelabei" tummeln sich Sehaareil
von nackten Kindern, wohl etwas schwer in den Formen, aber (lureh rei-
zenden Muthwillen, liebenswürdiges Spiel, graziösen Humor wahrhaft ent-
zückend. Dem hier eingeschlagenen Gedankengangc entspricht es, dass
auf der mittleren höchsten Kuppel das Christkind als naive Bekrönung des
Ganzen steht. Aber mit alledem thut sich die unersehöpfliche Phantasie
des liIcisters noch nicht genug. Er wagt einen vollen (lritf in die antike
lütbelwelt, bringt ihre Delphine als gothisehe Krabben an den Bögen an,
verwendet ihre Harpyien zu reizenden liiehthaltern und schüttet ein ganzes
Heer ihrer Tritonen, Sirenen, Satyrn, Faune über die Basen der Säulen
und Kandelaber aus. Und aus dieser bunten Fülle des natürlichen und
phantastischen Lebens erheben sich oben in ruhiger Klarheit die hohen
Gestalten der Apostel als Träger der geistigen lilachte des Christenthuins.
Reicher, gedankenvoller, harmonischer hat nie ein Werk (leutscher Plastik
die Schönheit des Südens mit der Innigkcit des Nordens verbundenü).
Dieselbe Lauterkeit des Styls, zum Theil in noch feinerer Durehbil-
dung finden wir an den späteren Werken des Meisters. So zunächst an
einem vorzüglichen Relief der Krönung Maria, vom Jahre 1521 , von dem
Die Inschrift am Fusse des Denkmals lautet: "Fetter Vischer pÜrg0x' zv
Nurmberg machst das wcrck mit seinen sunnen. vnd ward folbrmht im jyr 1511)
vnd ist allein Got dem alllneclntigen zv 10b vnd snnct Scbolt dem himclfnrsten zv
eren mit hilrf frumer lent von dem allmusscn bcznlt."