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Viertes Buch.
Deutschland üblichen Sitte, die das Herannahen einer neuen Zeit, das E1'-
wachen des künstlerischen Selbstgefühls und das Bewusstsein der fbrt-
sehreitenden Stylentwieklung klar bekundet. Und wirklich gewährt der
Lebensgailg Vischers ähnlich wie der Dürers die Thatsache eines unab-
lätssigen künstlerischen Fortschreitens. In seinen frühesten bekannten
"Werken, dem Grabdenkmal des Erzbischofs Ernst im Dom zu Magde-
burg vom Jahre 1495, sowie dem des Bischofs Johann im Dom zu Bres-
lau vom Jahre 1496, hat Vischer die noch von seinem Vater gahandhztbten
conventionellen Formen der früheren Zeit verlassen und sich dem einsei-
tigen Realismus der damaligen Nürnberger Schule eines Wohlgemuth und
Adam Krafft in ganzer Scharfe hingegeben. Sowohl die Gestalt des Bi-
schofs, als auch die kleinen Figuren von Aposteln und Heiligen an dem
Magdeburger Denkmal verrathen in den harten Gewandbrüehen und der
energischen Portraitauffassung, wie vollständig der Meister damals in den
herrschenden Ton der Dartellung einstimmte. Es fehlt uns auch nicht an
einem Zeugniss dafür, dass eine ähnliche Richtung sich im Erzguss zu
Nürnberg schon vorbereitet hatte. Hoch an der westlichen Seite der
Sebaldskirehe, an der Löffelholzkapelle, sieht man eine überlebens-
grosse eherne Statue des Gekreuzigten vom Jahre 1482. Energisch und
mit gründlichem Naturstudium durchgeführt, geht sie in realistischer lliirte
der Detailbildung sehr weit und sucht den gar zu äusserlieh massiven Ein-
druck weder durch Adel der Form noch durch Würde der Empündtmg zu
mildern. Liesse sich dies immerhin tüchtige, resolute Werk auf jenen
Eberhard Vischer zurüeldühren, der 1459 Meister wurde und 1488 starb,
und vielleicht der Bruder des älteren Hermann war, so hatten wir für die
Werkstatt selbst den Beweis eines realistischen Uebergztngsstadiums noch
vorden erwähnten Grabmälern Peter Vischers f).
Volle zehn Jahre vergehen seit der Vollendung jener bedeutenden
Arbeiten, ohne dass wir für diese lange Epoche ein sicheres Werk des
Meisters nachzuweisen vermochten. Diese Lücke ist um so empiindlieher,
da während jenes Zeitraumes in Peter Vischefs künstlerischer Anschauung
ein Umschwung eingetreten ist, der ihn von der Einseitigkeit des all-
gemein herrschenden Styls befreite und ihn zu einer durchaus selbstän-
digen gelauterten Auffassung führte. In unvergleichlicher Schönheit
gelangt dieselbe an dem Hauptwerk seines Lebens, dem von 1508-1519
ausgeführten Sebaldilsgrab in S. Sebald zu Nürnberg, zum Siege. Es galt
hier dem verehrten Schutzpatron seiner Vaterstadt, dessen Gebeine ein
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Auf Ilcrmann
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