denn diese Werke haben mehr ächt künstlerisches Verdienst, als mit der
monotonen Strenge des 13. Jahrhunderts für ähnliche Zwecke jemals
erreicht wird. Der dekorativen Pracht entspricht an diesem Meisterwerk
der Werth der plastischen Ausstattung. Am Sarkophag sind fünf Apostel-
büsten im Hochrelief angebracht, herrliche Köpfe von würdevoller Schön-
heit und vollendet freier Behandlung, die namentlich an den Bärten und
dem Haupthaar hervortritt. Nicht minder vorzüglich sind die beiden
schlafenden Kriegsknechte, unübertrefflich leicht hingegossen, die Köpfe
voll Lebenswahrheit. Hinter dem Grabe in der Tiefe der Nische stehen
Johannes und die drei Frauen, lieblich runde Köpfe nicht gerade von
tiefem, aber doch von wehmüthig rührendem Ausdruck. Die schwäbischen
Meister mochten nicht wie die fränkischen die Weiche Schönheit der Köpfe
der dramatischen Schilderung der Leidenschaft opfern. Die Gewandung
zeigt mannigfache, schön erfundene Motive, die aber durch eine zu studirte
Pläufung der Falten in Unklarheit fallen. Geringe Steinmetzenarbeit ist
der auferstandene Christus in dem mittleren Baldachin und nicht besser
scheinen die vier als Bekrönung angebrachten Brustbilder von Propheten.
Es ist hier wohl am Platze, auf die seit Syrlin in der schwäbischen
Schule so beliebt gewordene Anordnung von Büsten hinzuweisen, die
allerdings eine liebevolle Durchführung begünstigte, aber das Studium der
ganzen Gestalt zurückdrängte, welches doch dieser Zeit so sehr Noth
that. Daher grade in dieser Schule fast durchgängig die ungebührlich
kurzen Körperverhältnisse bei ganzen Figuren. So sieht man es z. B. an
den Apostelstatuen im Chor der Stiftskirche zu Tübingen, gedrungene
Körper in hart gebrochenen Gewändern, die Köpfe zum Theil recht
lebendig. Besser und feiner die kleinen Engel und die Prophetenbüsten
an den Konsolen (drei von den Apostehr in der Zopfzeit erneuert). Unter
den Bildwerken am Aeusseren des 1470 begonnenen Chores und des Schiffes
ist, bei mehr dekorativer Behandlung, manche tüchtige Arbeit; namentlich
ein Ecce homo ist würdevoll aufgefasst. Merkwürdige Zeugnisse von dem
plastischen Drange dieser Schule sind am nördlichen Seitenschiif die
Reliefs in den Fensterkrönungen, die anstatt des sonst allgemein üblichen
Maasswerkes dienen: eine von Engeln gekrönte Maria, ein h. Georg und
ein. Martinus, den Mantel theilend, zu Pferde, treHlich in den Raum
componirt, aber handwerklich gearbeitet. Sodann an der Ostseite die
wunderliche Gestalt eines aufs Rad geflochtenen Missethäters, von hartem
Realismus. In derselben Kirche ist eine Kanzel aus dieser Zeit, an
deren Brüstung Maria mit dem Kinde und die vier grossen Kirchenvater,
deren Bücher auf den Zeichen der vier Evangelisten ruhen. Die Köpfe
sind ausdrucksvoll, die Gewänder hart und unschön. Eine ähnliche
Tübingen.