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Viertes Buch.
Loyen
Hering.
Schwäbisch
Hall.
Im Dom zu Bamberg ist das stattliche Marmordenkmal des Bischofs
Georg III. von Limburg (T 1522), ausgeführt von einem Meister Loyen
Hering aus Eiehstädt, neben jenem Würzburger des Fürstbischofs Lorenz
von Bibra, als eines der frühesten Zeugnisse der italienischen Renaissance
in Deutschland beachtenswerth. Während in der architektonischen Ein-
fassung dieser Einfluss deutlich zu Tage tritt, auch vielleicht auf die edle
Charakteristik der Reliefstatue gewirkt hat, die ganz frei ist von allen
Unarten des zeitüblichen Styles, zeigt die das Werk krönende Gruppe
des Weltrichters mit Maria und Johannes als Fürsprechern, in der leiden-
schaftlichen Bewegung einige Uebertreibung und Unruhe. Von demselben
tüchtigen Meister findet sich in der Carmeliterkirche zu Boppard ein
Grabstein der Margaretha von Eltz, vom Jahre 1519.
Wenden wir uns südlich nach Schwaben, so treffen wir an der
Nordseite der'Michaeliskirehe zu Hall eine grosse bemalte Steingruppe
vom Jahre 1506, Christus am Oelberg mit den schlafenden Jüngern, eine
Arbeit, die an Kunstwerth den dortigen Schnitzereien entschieden über-
legen ist. Christus selbst erscheint zwar etwas uncdel im Ausdruck und
in den Formen, aber Johannes hat einen herrlichen Kopf von jener stillen
Wehmuth, die an Riemensehneider erinnert. Recht tüchtig sind die an-
deren Gestalten, wie auch die Gewandung durchweg in klarem Faltenwurf,
freilich zum Theil conventionell und ohne eigenthümliehe Motive angeord-
net ist. Dicht daneben an der nordwestlichen Ecke derselben Kirche
sieht man einen einfach würdigen Grabstein des Kaspar Eberhard vom
Jahre 1516.
Portal des
Ulmer
Münsters.
Im oberen Schwaben hat die Steinplastik neben der Holzschnitzerei
auch in dieser Epoche manches tüchtige Werk hervorgebracht. S0 zunächst
am Münster zu Ulm, wo die Ausschmückung des Hauptportals in dieser
Zeit vollendet wurde. Die Statuen am Mittelpfeiler desselben scheinen
um den Ausgang des 15. Jahrhunderts hinzugefügt zu sein: Unten ein
Ecce Homo, steif in der Stellung und ohne Idealität, aber mit Geschick
in scharf naturalistischer Auffassung durchgeführt. Daneben Johannes
und die trauernde Maria, welche im Ausdruck tiefen Schmerzes die Hände
voll Ergebung auf der Brust kreuzt: Gestalten von edler Innigkeit der
Empfindung, in den Gewändern zwar zu reich bewegt, aber noch Ohne
eckige Brüche. Darüber die h. Anna, welche Maria und das Christkind
auf den Armen hält, eben so Würdcvoll und gleich der Maria von fast
klassischem Schnitt des Profils. Ausserdem an den Seitenwänden des
Portals je sechs Heiligengestalten, darunter die vier grossen Kirchenvater.
Von diesen zeigen die der südlichen Seite dieselbe Schönheit, besonders
in den edlen Charakterköpfen, und nur die Gewänder neigen etwas zu