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Viertes Buch.
Statuen für
lie Frauen-
kirche zu
Würzburg.
kaiserlichen Paares in starkem Hochrelief geschildert. Zuerst macht Ku-
nigunde, im vollen Staat, mit Turban und Diadem geschmückt, die Feuer-
probe, um sich von dem Verdacht der Untreue zu reinigen. Die Röcke
zierlich aufhebend, geht sie über glühende Pflugschaaren vorsichtig daher.
Der Kaiser, der umgeben von Hofleuten mit zusammengelegten Händen
dasitzt, sieht gar nicht hin. Auf dem zweiten Bilde bezahlt Kunigunde
aus einem auf ihrem Schooss stehenden Teller die Wcrkleute der von ihr
erbauten Stephanskirche. Hier bildet die prächtige Charakteristik der
Handwerker mit der vornehmen Haltung und der feinen Gestalt der Kai-
serin und ihrer beiden Frauen einen schönen Gegensatz. Das dritte Bild
zeigt den Kaiser in nicht sonderlich gelungener Verkürzung auf dem
Krankenbett liegend, neben ihm den h. Benedikt, wie er den Patienten von
seinen Steinschmerzen befreit. Sodann folgt Heinrichs Tod. Der Kaiser,
ein markiger Kopf mit herrlichem Bart, liegt mit der Krone im Bett und
sucht seine naiv schluchzende Gemalin zu trösten. Ein Hofmann kniet in
ziemlich verzwickter Stellung daneben. Unter dem Gefolge sind feine
Mädchengesichter und ein wehmüthig schöner Jünglingskopf, dessen
schmales Oval von einer Lockenfiut umgeben ist. Den Beschluss macht
Heinrichs Seelenwägung. Der Kaiser kommt schüchtern gegangen; ein
Diener legt den Kelch der kaiserlichen guten Werke in die eine Waag-
schaale, während drei possicrliche Teufel vergeblich an der andern
Schaale zerren. S. Michael schwingt hoch sein Schwert und hat ganz die
steife Stellung, wie auf tlandrischen Bildern der Zeit. Naiv und anmuthig,
fein im Formgefühl und meisterhaft in der Technik, beweisen diese Werke
doch, dass Riemenschneidcr kein grosser Erzähler ist, dass seinen Figuren
bei aller Anmuth die Fähigkeit der freieren Bewegung mangelt, dass
ihm die dramatische Lebendigkeit eines Veit Stoss und Adam Kraift
abgeht.
Neben dieser grossen Arbeit schuf der Meister aber noch manches
andere tüchtige Werk. S0 zunächst von 1500-1506 die überlebens-
grossen Sandsteinfiguren Christi, Johannes des Tänfers und der Apostel,
Welche an den Strebcpfeilern der Marienkirche zu Würzburg aufgestellt
sind. Obwohl überarbeitet, "gehören sie zum Theil zu den werthvollsten
Leistungen Riemenschnciders, namentlich die sechs an den Chorpfeilern
befindlichen. Nur die beiden Johannes sind durch neue Arbeiten ersetzt,
und die Originale in der Sammlung des historischen Vereins aufgestellt
worden. Einige sind grossartig in Bewegung und Ausdruck mit ener-
gischen Charakterköpfen; andere zeigen den rührend schönen, von Wel1-
muth umtlossenen jugendlichen Kopf, der eine Lieblingsform des Meisters.
Die Haltung ist meistens etwas befangen, die Gewänder haben scharfe