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Viertes Buch.
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Münclu
mäler einer Familie Pfaifenhofer bezeichnen, das eine von 1429, das andre
1449 als spatestes Datum tragend. Das frühere stellt Christus mit den
schlafenden Jüngern am Oelberg dar; das spätere, in welchem wir den-
selben Künstler auf einer vorgeschrittenen Stufe erblicken, enthält eine
originelle und anziehende Schilderung des Todes Mariäü). Anordnung
und Formgefühl gehören noch der früheren Epoche; aber die naturalisti-
schen Details in den nackten Theilen, namentlich den Händen, verrathen
den Einfluss der neuen Zeit. Demselben Meister begegnet man in einem
Steinrelief der nördlichen Vorhalle des Obermünsters, welches beide
Gegenstände in verwandter Behandlung wiederholt. Ungleieh ener-
gischer geht in Nürnberg der Bildhauer Hans Becker auf die neue rea-
listische Auffassung ein, mit der er unter seinen Zeitgenossen ganz einsam
dasteht. So an der grossen Grablegung in einer Kapelle der Aegidien-
kirche vom Jahre_1446, die so grossartig imd mächtig eomponirt ist wie
ein Bild von Mantegna. Der Christuskopf ist edel, der Körper hart und
mit Anstrengmmg anatomisirt. Auch Maria zeigt einen bedeutenden Aus-
druck, und Johannes presst in tiefem Schmerz mit beiden Händen den
Arm des geliebten Meisters an seine Lippen. Die Gewänder sind noch
ganz einfach und edel angeordnet.
Erst einige zwanzig Jahre später beginnt dann die Steinsculptur in
Deutschland in breiterer Nachfolge die offene Heerstrasse des Realismus
zu betreten. Bald nach 1468, zugleich mit dem Bau der Kirche, muss der
aus röthlichem Marmor gearbeitete Grabstein Kaiser Ludwigs des Baieni
(T 1347) entstanden sein, der den Mittelpunkt des prachtvollen Denkmals
in der FITLlIGIIklITZlIG zu München bildet. In der oberen Hälfte thront der
Kaiser im Iirönungsornate mit Krone, lleichsapfel und jetzt ahgebrochnem
Scepter. Zwei Engel halten hinter ihm einen Teppich ausgebreitet
(Fig. 171). Es ist ein ideales Charakterbild, in welchem sich individuelle
Formgebung mit grossartigem Stylgefühl zu würdevoller Schönheit ver-
bindet. Der Faltenwilrf des Mantels zeigt schon die Neigung zu scharfen
Brüchen, aber noch gemässigt und beherrscht durch ein Gefühl für edle
Einfachheit. Das volle Verständniss der Form, die gediegene Ausführung,
welche die Menge zierlichen Details der ruhigen Gesammtwirkung unter-
ordnet, verleihen diesem Werke einen Platz unter den MGiSiSBTSCIIÖPfUUgGD
der Zeit. Merkwürdig contrastirt mit der oberen die untere Hälfte des
Steines, welche zwei sich entgegen schreitende Gestalten mit aller Steifheit
und Nüchternheit des schärfsten Realismus, auch im Faltenwurf viel härter
und unruhiger darstellt. Der Löwe, der an dem in ritterliche Rüstung Ge-
in E.
Förster? Denkm.