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Viertes Buch.
Schnitz-
werke in
Bülunexx und
Mähren,
schönem Naturalislnus, der an die extremste Richtung der Nürnberger
Schule erinnertit).
In Böhmen lassen sich die Altäre der Kirchen zu Eyle, Zbraslav
und zu Libis bei Melnik nennen, letzterer ein Passionsaltar, während
sonst in süddeutschen Gegenden die Sceilen der Leidensgeschichte seltner
vorkommen als in Norddeutschland. Verwandter Richtung gehört die
lebensgrosse Gruppe in der Kirche zu Graupcn, welche den gemarterten
Christus, von wüthcnden Volksmassen umtobt, mit ersehütternder Kraft
darstellt. In Mähren arbeitete 1.515 ein Meister Andreas Morgenstern
aus Böhmen einen Altar für die Kirche zu Adamsthal.
Sieben-
bürgen und
Ungarn.
SO
Die Vorliebe für diese Kunstgattung verbreitete sieh damals genau
weit als der Einfluss deutscher Kunst reichte. S0 finden wir denn
selbst in Siebenbürgen einen Sehnitzaltar vom Anfange des 16. Jahr-
hunderts in der Kirche zu Radeln, Bezirk von Schässburg. Ganz be-
sonders reich an solchen Prachtwverken sind' die Kirchen in Oberungarn,
in der Zips, die wie die meisten Gebirgsländer diesen Kunstzweig pflegte.
Hier enthalten viele Kirchen eine ganze Anzahl solcher Flügelaltäre,
unter denen mehrere von höherem künstlerischen Werthe zu sein scheinen.
Sechs Altäre dieser Art besitzt allein die J akobskirche in Leuts chanxii).
Eben so viele die Pfarrkirche zu BartfeldäH), darunter einer vom Jahre
1505; andere in der Elisabet-hkirehe zu Kasehan und in der Kirche zu
Georg enb erg. Diese Gegenden, (lainals unter polnischer Ilerrsclnifl.
haben ihren Kunstmittelpunkt wohl ohne Zweifel in Krakau gehabt, und
dort werden wir nun einen der namhaftesten llleister (l6lltSCl1Gl' Holz-
it Stuss.
Schnitzerei, aus dessen Schule jene oberungarisehen Werke wahrscheinlieli
hervorgegangen sind, aufzusuchen haben.
Es ist Veit Stoss, über dessen Geburtsort, ja über dessen Namen
sogar ein noch immer nicht zum Abschluss gekommener Streit geführt wird.
Die Polen nennen ihn Wit Stmosz und behaupten, er sei zu Krakau ge-
boren T). Dagegen ist neuerdings geltend gemacht worden, dass Veit aus
Nürnberg stamme, da er im Jahre 1477 sein dortiges Bürgen-echt aufge-
geben habe und nach Krakau gegangen seiH). Im Jahre 1496 kehrte
i") Zwei Statuen in stylgetreuer Abb. in den Oesterr. Denkm. (Stuttgart) II.
Taf. 36.
Vergl. den ausführlichen Bericht von W. ßlcrlclas in den Mitth. der Oesterr.
Centiz-Comm. 1860 S. 277 IT. und die Abb. auf Taf. 8 und 9.
l") Ueher diese berichtete ebenda 1858 S. 253 H". J. von Lepkazwski.
1') In einem Schreiben an den Nürnberger Rath unterzeichnet er selbst als "Fug!
iglwoss". Nendörfer (S. 25) nennt ihn von Krakau gebiirtig.
H) Durch J. llaader in den Beitr. zur Kunstg. Niirnb. II S. 44 FF. Vergl I. 14 H".
(Stuttgart)