Volltext: Geschichte der Plastik von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart

Zyeitcs Kapitel. 
Nordische Bildnerci von 1450 
1550. 
531 
im Chor der Kirche zu Blaub euren. An den Chorstühlen ist alles Figür- 
liche so barbarisch zerstört, dass man den Styl der wenigen erhaltenen 
Köpfe mehr ahnen als beurtheilcn kann. Die zwei Figuren am Dreisitz 
zeigen elegante Bewegung und geistreich lebendige Köpfe. Mehr archi- 
tektonisch als plastisch bedeutend ist der 1510 von ihm gearbeitete 
Schalldeckel der Kanzel im lllünster zu Ulm. An der Brüstung der Kanzel 
scheinen mir die drei patriarehenartigcn Gestalten die Hand des jüngern 
Syrlin zu verrathen. Sie haben zwar eine gewisse Befangenheit der Hal- 
tung, aber sehr ausdrucksvolle Köpfe, die gleich den Händen fein durch- 
geführt sind. Gerade die Hände aber in ihrer leichten Bewegung und 
freien Bildung erinnern vorzüglich an Syrliifsche Kunst. Von 1512 da- 
tiren dann die Ohorstühle der Kirche zu Geisslingen, mit stark beschä- 
digten Prophetengestalten.  
Neben den Syrlins waren in und um Ulm noch andere tüchtige Bild- 
schnitzer thatig, die in manchen Einzelheiten den Einfluss des älteren 
Syrlin bezeugen. Eins der stattlichsten Werke dieser Schule, ehemals 
dem jüngeren Syrlin zugeschrieben, ist der grossartigc  Hechaltar der 
Kirche zu Blaub euren vom Jahre 1496i). An Pracht, Schönheit und 
Eleganz der Ornamentil; seines Gleichen suchend, ragt er auch durch die 
Fülle bildnerischen und malerischen Inhalts hervor. Im Mittelschrein sieht 
man eine grosse ltiaria mit dem Kinde, über welcher zwei schwebende 
Engel die Ilhnmelskrone halten. Die beiden Johannes und die Heiligen 
Benedikt und Scholastica umgeben sie. Auf den Innenseiten des inneren 
Flügelpaares sind in Flachreliefs die Geburt Christi und die Anbetung der 
Könige dargestellt (Fig. 164). Alles Uebrige ist reichlich mit Gemälden 
bedeckt. Die Haupttiguren, namentlich Maria, haben etwas Würdiges, 
selbst Grossartiges, aber sie reichen bei Weitem nicht an den Adel Syrliif- 
scher Kunst. Die Zeichnung hat nicht seine Freiheit, die Durchführung 
bleibt hinteir-der scinigen erheblich zurück. Ausserdem ist die Form der 
weiblichen Köpfe breiter, schiverer, im Ausdruck gewöhnlicher, die Be- 
handlung des Haares minder geistreich. Der prachtvollen Bemalung ist 
die feinere Detaillirung überlassen, wie denn z. B. die Adern auf den Hän- 
den bloss gemalt sind. Offenbar hat der Schnitzer von vorn herein auf 
die Mithülfe des Malers gerechnet; doch erklärt das allein nicht den Unter- 
schied des Stylcs, sondern wir müssen eine ganz andere, uns freilich un- 
bekannte Künstlerhand annehmen. Der Maria liegt wohl ein grossartiges 
Motiv zu Grunde, aber sie ist ziemlich steif, das Kind hässlich, der Falten- 
Anglern 
Ylmc-r 
Meister. 
Altar zu 
Blaubeuren. 
 Vergl. Der Hochaltar von Blaubeuren, 
VOn F. llfagnez- und PIL. llfaltlzer. 
gOZ. 
VOIl 
Ilvideloff",
	        
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