Erstes Kapitel.
Italienische Bildnerei im 15.
Jahrhundert.
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ziehender Tüchtigkeit bewährt (Fig. 162); aber seine Neiglmg treibt ihn
bald in den Formen und im Ausdruck so weit über das selbst den ent-
sehiedensten Realisten Italiens
geläuüge Maass_ hinaus, dass er
in leidenschaftlichen Schilderun-
Kß gen selbst die Grimasse nicht
X verschmäht und im Stylgefühl
mehr mit der damaligen deut-
K Kg sehen als mit der italienischen
Plastik zusammentrifft. Der in
2 Oberitalien übliche gebrannte
(ä, Thon ist durchgängig das Ma-
f ä O terial seiner Arbeiten. Es sind
Freigruppen mit naturalistiseher
Bemalung, von einer Nische um-
x X rahmt, meist in dramatiseherHal-
Q tung, in Thon übertragenen
{X „ lebenden Bildern t" vergleichbar.
Fig. 162. Madonna von Mazzoni. Medena. Den Liebnngsgegenstand bildet
der todte Christus im Sehoosse
der Mutter, umgeben von den trauernden Angehörigen. S0 das grosse Haupt-
Werk in S. Giovanni zu Modena, wo die dramatische Schilderung des
Schmerzes grass bis ins Widerwartige ist. Selbst in ruhigeren Gruppen
wie die von zwei Heiligen verehrte Madonna in der Krypta des Doms
herrscht ein niederer Realismus vor. In S. M. della Rosa zu Ferrara
sieht man eine Gruppe des todten Christus unter den wehklagenden An-
gehörigen, welche jener erstgenannten entspricht. Mazzoni arbeitete in
seinen späteren Jahren für Neapel und wurde dann nach Frankreich be-
rufen. Die Kirche Monte Oliveto zu Neapel besitzt eine Gruppe der
um den Leichnam Christi Trauernden, von demselben niedrigen Natura-
lismus in Form und Ausdruck, wie jene früheren.
Nach dem Kirehenstaat llIld Unteritalien gelangte der neue Styl zu-
nächst durch toskanisehe Künstler. Rom namentlich ist in vielen seiner
Kirchen angefüllt mit jenen Marmorgräbern, Welche durch Mine da Fiesole
(S. 502) und durch eine Reihe von ihm angeregter einheimischer Künstler
dort geschaifen wurden. Es würde zu weit führen, hier näher auf diese
Werke einzugehen, und wir müssen wegen des Einzelnen auf die reich-
haltigen Notizen verweisen, welche Burekhardt in seinem Cicerone (S. 615
bis 617) beibringt. Doch mögen wir uns nicht versagen diese Gräber im
Ganzen mit seinen eignen treffenden Worten zu bezeichnen. "Sie geben,
Lübke, Gesch- der Plastik. 33
Römische
Denkmäler.