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Buch.
Viertes
In den übrigen Städten Oberitaliens lässt sich der Styl (ler Lembardi
an einer grossen Anzahl von Denkmälern nachweisen; doch ist es olme
gründliche historische Lokalforschmlg nicht möglich, das Zusammenge-
hörige festzustellen. Einige der bedeutenderen Arbeiten mögen übersicht-
lich hier aufgezählt werden. S0 sieht man an einem Seitenaltai- rechts
in S. Fermo zu Verona als Antependium ein grosses Relief des todten
Christus auf dem Sehoosse der Mutter, von den frommen Frauen betrauert;
streng, edel und ergreifend, von tiefem Seclenaustlruelz, wie ein Mantegna.
Joseph von Arimathia und Nikcdemus stehen dabei, der eine mit Hammer
und Nägeln, freie Gestalten in sehliehtem Faltenwurf. Auch das Familien-
grab Brenzoni in derselben Kirche, das einem Florentiner, Gliovamzi Russi,
zugeschrieben wird, zeigt einen verwandten milderen Styl in der grossen
Reliefgruppe der Auferstehung Christi. In S. Anastasia enthält der
Chor das Denkmal des Feldherrn Sarego (1432) mit der tüchtigen Reiter-
statue des Verstorbenen und zwei Dienern in fast römischer Rüstung, die
den Vorhang znriiclcsehlagen. Tiiehtige plastische Arbeiten aus etwas
späterer Zeit enthalten in derselben Kirche der erste und vierte Altar im
nördlichen Seitenschili". Eine grosse Anzahl plastischer Werke aus den
letzten Decennien des 15. Jahrhunderts, zum Theil von Tommas-r) Rodari,
findet man an der Faeadc und an mehreren Altären im Innern des Domes
von Como.
Einen bedeutenden Meister der Zeit lernt man in Antonio [änzadeo
kennen, der aus Pavia zu stammen scheint. Er arbeitete 1475 das pracht-
volle Grabdcnkmal des Bartolonnnco Oolleoni in S. llIaria Maggiere zu
Bergam 0 mit Reliefs der PaSSlOIISSOBIIOII von heftig iibertriebeiiein Aus-
druck und fünf vorzüglichen Heldenstatueil; oben auf dem Sarkophag das
Reiterbild des Verstorbenen, umgeben von den Gestalten der Tugenden.
Auch das Denkmal der Tochter Colleonils (abendort istein Werk von Be-
deutung. Ein anderes Grabmal von der Irland desselben Künstlers findet
sich in der Kirche S. Lorenzo zu C rein on a. Endlich arbeitete er an der
Ausstattung des Oertosa von Pavia, bei welcher-die Dekorationslust
der Zeit die ganze Architektur in plastischen Schmuck auflöste. Hier
lassen sich wohl die Arbeiten des funfzehntcil Jahrhunderts von denen des
sechzehnten unterscheiden; was innerhalb dieser Sch-ranken aber den
zahlreichen einzelnen Künstlern zukommt, wird kaum zu ermitteln sein.
Im Innern ist das grossartige Denkmal des Giangaleazzo Visconti von
Amarleo im Verein mit Giacmno della Porta ausgeführt.
Eine merkivürdig abweichende Richtung vertritt der modenesische
Meister Guido jllazzovzi. Er geht von einer schlichten, treuen Beobach-
tung der Wirklichkeit aus, die in einzelnen Köpfen sich mitunter in an-