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Viertes Buch.
herzigeil Auffassung des Giovanni Bellini; in der Behandlung der Ge-
wänder folgt er dagegen, wie die Mehrzahl der übrigen Venezianer, dem
iiberzierlichen mid selbst unruhigen Style, der durch Donatello zur Herr-
schaft gelangt War.
Das erste Werk, welches, wenngleich noch schwankend, das Ge-
präge dieser Werkstatt trägt, ist das Grab des Pasquale Malipier (T1462)
im linken Seitenschiif von S. Giovanni e Paolo. Bestimmter spricht
sich der Styl an den zwischen 1462- 1471 errichteten Altären des
J aeobus und des Paulus im Kreuzschiif von S. M areo aus. Das Haupt-
werk des Pietro ist aber das nach 1476 entstandene Grab des Dogen
Pietro Mocenigo in S. Giovanni e Paolo. I-Ioeh aufgebaut, reich mit
Statuen versehen, in der Mitte aufrecht stehend die würdevolle Gestalt des
Verstorbenen, ist es ein vorzüglicher Typus der imposanten Dogengräbcr
dieser Zeit. Der Sarkophag wird von drei stattlichen Kriegern getragen.
In den Seitennischen sechs Schildhalter, die alle vortretflieh stehen, aber
etwas knöchern sind. Den Gipfel des Ganzen krönt zwischen zwei an-
betenden Engeln die würdevolle Gestalt Christi. An diesem Praehtwerke
arbeitete der Meister mit seinen beiden Söhnen Antonio und Tullio bis
gegen 1488.
Vielleicht der edelste unter den gleichzeitigen Meistern Venedigs ist
Alessavzdro Leopardo, ausgezeichnet durch den hohen Sehönheitssinn, mit
dem er klassische Motive zur Geltung bringt. Das herrliehste aller Dogen-
gräber, das des Andrea Vendramin (T 1478) im Chor von S. Giovanni
e Paolo, unterscheidet sich von den Werken der Loinbardi schon durch
den wahrhaft grossartigen und klaren Aufbau und die fein abgewogene Ab-
stufung zwischen Reliefs und Freisculpturren. An dem reichgesclmiückteii
Sockel halten in der Mitte zwei Engel die Schrifttafel, wwihrenrl zu beiden
Seiten reizende nackte Genien auf phantastische-n Seethieren eine poetische
Illustration der Mecrherrschaft geben. Der Sarkophag, auf welchem, von
Adlern bewacht, der Doge ausgestreckt liegt, steht auf einem Unterbau,
der mit den manniehfaltig bewegten Statuen von 'l'ugenden geschmückt
ist. Die Seitenfelder enthielten in Nischen die von Tullio Lolnbardo
ungleich gearbeiteten Gestalten von Adam und Eva. Der plastische
Werth des Denkmals liegt hauptsächlich in den Statuen der Tugenden.
Der Ausdruck der Köpfe entspricht in feiner Charakteristik den edlen
Bewegungen; die Gewänder haben schöne antike Anklänge und tragen
nur in der etwas trocknen Scharfe der Falten das Gepräge der Zeit. So-
dann vollendete Leopardo den Guss der von Verroechio entworfenen
Reiterstatue des Oolleoni. Als eleganter Dekorator bewährte er sich an
den seit 1504 begonnenen bronzenen Standarteuhaltcrn auf dem M arkus-