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Viertes Buch
und Naivetat gleich, übertreffen sie aber an Schönheit und Annmth.
(Fig: 158). Nirgends ist wohl das Kinderleben in der modernen Plastik
frischer, anziehender geschildert werden. In ihrer treuherzigen Natür-
lichkeit (erinnern sie lebhaft an die singenden Engel auf dem Genter Jlltzlr
des Hubert van Eyek. Das Relief ist auch hier so hoch gearbeitet, (lass
die Tanzenden zum {Theil sieh frei von der Fläche lösen. Am schönsten
sind die kleinen Knaben, die so lustig und zutraulich (lreinschauen.
Ebendort sieht man von ihm zwei unvollendete Marniorreliefs, Petri Be-
freiung aus dem Gefätngniss tmd seine Kreuzigung, ebenfalls recht leben-
dige Compositionen, ursprünglich für einen Altar im Dome bestimmt,
dessen Anfertigung ihm 1438 aufgetragen wurde. Sodann schuf er mit
illiclzelvzzo und Maar) (Zi Bartoloznmeo seit 1446 die Bronzethiir der
alten Sakristei des Domes, die jedoch erst nach 1464 von Luea. allein
vollendet wurde. Sie enthält grossartig stylisirte Gestalten von sitzen-
den Heiligen mit Engeln, die paarweise jenen zugeordnet und auf man-
nichfaltige Weise mit ihnen in Beziehung gesetzt sind. Die Behandlung
des Reliefs ist hier von einer Feinheit, wie sie nur noch an der älteren
'l'hiir Ghibertfs vorkommt. Offenbar bildete Luca sich am meisten nach
diesem ihm wahlverwandten Vorgänger. Für die Lünetten über beiden
Sakristeithuren fertigte er sodann in glasirtem Thon die Reliefs der Auf-
erstehung und Himmelfahrt Christi, die vielleicht zu den frühesten unter
seinen Arbeiten dieser Art zahlen, in der Cornpositon jedoch minder be-
deutend sind.
Was wir sonst von Arbeiten Luea's kennen, gehört ausschliessliteh
dieser von ilnn erfundenen 'l'eehnik an. Die Feinheit der Glasur, ein
iIauptv0rzug derselben, ermöglichte dies zarteste Durchbildung der For-
men; die Dauerhaftigkeit der Technik gestattete die niannichfaltigste
Verwendung sowohl im Innern als an der Aussenseite der Gebäude. Wir
finden sie daher an Altären wie in Medaillons und Thürlünetten; aber
selbst ganze Gewölbe oder Fagatien kleinerer Gebäude werden damit be-
kleidet. Die Figuren heben sieh in weisser Glasur von einem sanftblauen
Hintergrunde ab. Für landschaftliche und (lekorative Neloendinge wird
wohl Grün, Gelb und Violett hinzugefügt, dies Alles jedoch maassvoll und
ohne die Absicht auf Illusion. Selbst in der späteren Zeit als die Schule
zu einer reicheren Bemalung überging, wurden die Figuren mehr an-
deutend als naturalistisch ausgeführt. So schliessen sich diese edlen Werke
VOll Stylgefühl der Architektur an lmd verdanken zum Theil diesem inni-
gen Bündniss mit ihr den harmonischen Reiz ihrer Wirkung. Aber noch
bestimmender war jedenfalls der reine plastische Sinn des hieisters. Durch
die Bedingungen seiner Technik ebenso sehr wie durch künstlerische