Volltext: Geschichte der Plastik von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart

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Viertes Buch. 
Schönheit entfalten, seine selloständige Bedeutung wahren, in reinen 
Gegensatz und dadurch in harmonische Wirkung mit der Architektur 
treten. Ein Hauch von jener plastischen Bestimmtheit antiker Werke 
durehdrang die neuen Schöpfungen, und was früher nur dunkel geahnt 
und trotz widerstrebender Verhältnisse doch mit Anstrengung von der 
italienischen Plastik versucht worden War, das erreichte sie jetzt, als die 
Sterne ihr günstig und die Bedürfnisse der Zeit mit ihren eigensten 
Wünschen im Einklange Waren. ü) 
Toskmnische Meister. 
Anknüpfen 
an den frühe. 
ren Styl. 
Die toskanische Plastik des '15. Jahrhunderts knüpft in unmerk- 
lichen Uebergangen an die der früheren Epoche. Gerade hier war 
mehr als anderswo bereits in der Bildnerei des Mittelalters die Iiasis für 
eine neue Entfaltung gegeben. Sahen wir doch schon Nicola Pisano an 
der Hand der Antike die ersten Versuche zu einer Belebung der Plastik 
machen. Aber noch reagirten die speeifisch mittelalterliche Empfindung 
und der christliche Inhalt so stark gegen diese Richtung, dass schon 
die folgende Generation, sein Sohn Giovanni an der Spitze, von jenem 
IlVege wieder ablenkte. In Italien stecken indess die antiken Traditionen 
im Blute. Mit dem Beginn des 15. Jahrhunderts wird das, was Nicola 
Pisano früher vereinzelt anstrebte, von allen Seiten wieder aufgenommen. 
Hand in Hand mit den gelehrten Studien, die seit Petrarea dem Alter- 
thum eine glühende Hingabe widmeten, suchen jetzt auch die Künstler 
die antiken Schöpfungen zum Ausgangspunkt einer neuen Kunst zu 
machen. Reiste doch Fratneesco Squarcione nach (hiet-lieiilaiid, um antike 
Bildwerke zu sammeln und sie als Grundlage des Studiums aufzustellen. 
Mit Begeisterung gingen Brunellesco und Donatello (len klassischen 
Ueberresten Roms nach, die Ersterem zu vollständiger Um- und Neuge- 
staltung der Architektur den Anstoss gaben. Schon durch ihren nahen 
Zusammenhang mit derBaukunst musste die Plastik nachgezogen werden. 
Fördernd war aber in erster Linie die Stärke, welche das künstlerische Ge- 
fühl und die individuelle Selbständigkeit der Meister schon früher erlangt 
hatte. Wir sahen, wie in Italien bereits im Mittelalter die Kunstwerke 
eine Bedeutung erlangten, welche wenig mehr mit ihrer religiösen Be- 
stimmung zu thun hatte, sondern völlig mit der Stellung und dem Ansehn 
ihrer Urheber zusammenhing. Die Nation hatte sich gewöhnt, die 
ß) Für die bildliche Vcranschauliclnung sind wir noch immer fast ausschlicsslicll 
auf die reichhaltigen, aber nicht immer genügend charakteristischen Darstellungen 
im H. Bande von (livognllrzüs: Storia (lella Sculturzr angewiesen.
	        
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