Fünftes Kapitel.
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Werk. Die reichen plastischen Zierden an den Kapitalen und anderen
Theilen mögen erst nach Vollendung des Aufbaues ausgeführt worden
sein, ja mehrfach erst dem 15. Jahrhundert angehören.
Als Zeitgenossen Calendarids lernen wir sodann einen Meister
Lanfraui kennen, der als Schüler Giovanni Pisands bezeichnet wird.
Er ist jedoch ausserhalb thatig, errichtet die Faeade von S. Franeeseo zu
Imola und vollendet 1343 die Portalseulptliren dieses jetzt zerstörten
Baues. Später soll er dort auch die ebenfalls nicht mehr vorhandene
Kirche S. Antonio erbaut haben. "Vorher jedoch arbeitete er (1347)
das Grabdenkmal des Taddeo Pepoli in S. Domenieo zu Bologna und
(1348) das des Reehtsgelehrten_Calderini im Klosterhofc daselbst, Ar-
beiten ohne hervorragende Bedeutung.
In die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts fallt nun die Thätigkeit
der Künstlerfamilie illassrcgne, über welche jedoch die Nachrichten so
unklar und widerspreehcnd sind, dass sieh ohne festeren Anhalt urkund-
lieher Forschung die einzelnen Persönlichkeiten derselben nicht er-
mitteln lasseni"). Zwei Brüder Paolo und Giaconzello (Zelle illlass-egne
sollen 1338 den Prachtaltai- in S. Franceseo zu Bologna gearbeitet
haben. Wenn jene Künstler, wie behauptet wird, Schüler der Sienesen
Agostino und Angele waren, so lasst sieh an dieser Arbeit wohl in der
Gewwtndung ein Einfluss sienesischen Styles nachweisen; eine gewisse Be-
fangenheit der Haltung mag als jugendliche Unfreiheit aufgefasst werden.
Wenn Puolo aber mit zwei Söhnen, Luca und Giovanvzi, 1344-415 an
der Pala d'oro (im Schatz von S. Mareo) gearbeitet hat, so kann er
1338 nicht mehr jung gewesen sein. Die in vergoldetem Relief getrie-
benen Figuren der Apostel betrachtet man als Werke seiner Hand. Sie
stimmen indess im Styl keineswegs mit jener Arbeit in Bologna überein.
Dagegen ist mit Gewissheit bezeugt, dass 1394 die Statuen aufgestellt
wurden, welche Giaconzello und Pierpaolo (Zelle xllasscgrßze für den
Lettner des Ilauptchores von S. Mareo gearbeitet hatten. Es sind die
Statuen der Madonna, des Kirchenpatronen und der Apostel, Werke
von hohem Werth, von ernster Schönheit und bei etwas gedrungeneii Ver-
hältnissen von jenem prächtigen Sehwunge der Bewegung, der wahr-
scheinlich aus deutschen Einflüssen hergeleitet werden darf. Von
ähnlicher, nur etwas geringerer Art sind die im Jahre 1379 vollende-
ten Statuen auf den Lettnern der Seitenschife, je vier weibliche
Lnn f m1
Die
Massegne.
i") Jlluilies, a. a. O. I, S. 243 H". hat einen Versuch gemacht, gesteht sich aber
selbst ein , dass ohne positive archivalische Ermittelungen. (lie Vermuthungen in der
Luft schweben.
Lübke , Gesch.
der Plastik.